Vergleichende Verhaltensbeobachtungen von Amseln und Haubenlerchen bei der Jungaufzucht

Vergleichende Verhaltensbeobachtungen von Amseln und Haubenlerchen bei der Jungaufzucht

Marion Plagemann hat sich die Jungenaufzucht bei Amseln und Haubenlerchen ganz genau angeschaut. Bei der Beobachtung ging sie von der Prämisse aus, daß die Relation zwischen Alt- und Jungvögeln auf einer Verkettung von aufeinander ausgerichteten Instinkten basiert und nicht Ergebnis von verstandesmäßigem Erkennen ist. Bei der Brutfütterung zeigte sich ein auffälliger Reiz-Reaktions-Mechanismus: Erreicht der Altvogel das Nest, wird bei den Haubenlerchen als Kontaktsignal ein haptischer Schlüsselreiz ausgesendet, der die Jungvögel zum Sperren veranlasst. Bei den Amseln dagegen wird ein akustischer Reiz ausgesendet. Dabei werden die grell orange-gelben Kehlen sichtbar, die auf die Altvögel die Wirkung eines optischen Schlüsselreizes ausüben, der mechanisch einen Fütterungsimpuls auslöst. Die unterschiedlichen Kontaktsignale der Elterntiere beider Vogelarten sind als verschiedene Anpassungen an die jeweiligen Lebenskonditionen deutbar. Bevor mit dem Öffnen der Augen der Jungvögel eine Prägung auf ein bestimmtes Elternbild stattfindet, sind diese in bezug auf die Auslösung des Sperrverhaltens manipulierbar, da ihnen ein verstandesmäßiges Erkennen der Altvögel als Nahrungslieferanten unmöglich ist. Marion führte Versuche durch, die zeigten, daß durch eine Imitation der elterlichen Schlüsselreize als Reaktion der Jungen eben jenes Sperren als Fehlverhalten auf einen falschen Reizsender hin erzielt werden kann. Aufgrund verschiedener Schutzvorrichtungen vor Feindorganismen und Anpassungen an den Lebensraum lassen sich bei Amsel und Haubenlerche zudem Unterschiede in der Art des Nestbaues, der Färbung der Eier, der funktionellen Entwicklungsdauer des Nestlings zum Ästling sowie dem zeitlichen Auftreten der ersten lauten akustischen Äußerung der Jungtiere feststellen.