Studium und Beruf

Jugend forscht Alumni-Festschrift | Juni 2006

Die Bundessieger und ihre Karrieren nach dem Wettbewerb

Theodor Hildebrand: Bundessieger 1966, heute IT-Manager in Frankreich

Bundessieger bei Jugend forscht – und dann? Nach dem Gipfelsturm bei Deutschlands bekanntestem Nachwuchswettbewerb stehen die erfolgreichen Jungforscher vor der nächsten Herausforderung: Wie soll es weitergehen? Welcher Ausbildungsgang ist sinnvoll, welcher Karriereweg erfolgversprechend?

Die 445 Bundessieger der vergangenen vier Jahrzehnte – 10 Prozent von ihnen sind weiblich – entscheiden sich nach dem Schulabschluss beinahe ohne Ausnahme für ein Hochschulstudium. Rund 5 Prozent absolvieren zusätzlich auch eine Berufsausbildung. Sven Siegle etwa, Bundessieger von 1995, macht vor dem Chemiestudium in Stuttgart, New York und London eine Ausbildung zum Papiermacher und erwirbt anschließend auch den Meisterbrief.

Mit der Wahl der Studienfächer beweisen die Bundessieger, dass es Jugend forscht tatsächlich gelingt, qualifizierte Nachwuchskräfte für den naturwissenschaftlich-technischen Bereich hervorzubringen: Knapp 90 Prozent der Jungforscher studieren ein naturwissenschaftliches Fach – einschließlich Medizin und Pharmazie. An der Spitze der Beliebtheitsskala liegen dabei Physik mit 20 Prozent, die Ingenieurwissenschaften mit 17 Prozent sowie Chemie und Biochemie mit zusammen 15 Prozent. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Mehrheit der Bundessieger ihrem Jugend forscht Fachgebiet im Studium treu bleibt. Zum Beispiel Renate Landig: Mit ihrem Physik-Projekt gewinnt sie 2005 den Preis des Bundeskanzlers. Mittlerweile studiert sie das Fach an der TU München.

Viele Bundessieger beginnen ihr Studium mit dem erklärten Ziel, eine Karriere als Hochschullehrer einzuschlagen. Keine Frage also, dass die Dissertation gerade in diesem Fall nach dem Studium der nächste Schritt auf dem Ausbildungsweg ist. Doch die Promotion wird auch für einen Berufseinstieg außerhalb der Universität als wichtige Qualifikation angesehen. So erklärt sich, dass über ein Drittel der erfolgreichen Jungforscher, die ihr Studium bereits abgeschlossen haben, auch den Doktortitel vorweisen kann. Eine vergleichsweise hohe Zahl – allgemein ist in Deutschland nur etwa jeder fünfte Akademiker promoviert.

Getreu dem Gründungsaufruf von Henri Nannen zieht es nach dem Studium tatsächlich rund die Hälfte der ehemaligen Bundessieger in die Forschung. Sie sind an Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen oder in Unternehmen tätig.

Gernot Münsters Werdegang ist dabei beispielhaft für viele Karrieren erfolgreicher Jungforscher im Hochschulbereich. Nach der Promotion arbeitet der Physik-Sieger von 1972 zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für theoretische Physik der Universität Bern, anschließend am Hamburger Elektronen-Synchrotron DESY. Es folgt die Habilitation an der Universität Hamburg. Heute ist er Professor an der Universität Münster und dort Direktor des Instituts für Theoretische Physik. Insgesamt sind über 30 der früheren Bundessieger mittlerweile habilitiert oder als Professor an Universitäten und Fachhochschulen tätig, wobei es zu beachten gilt, dass rund ein Viertel aller Bundessieger die Berufsausbildung noch nicht beendet hat.

Wissenschaftlich arbeiten lässt sich ebenso an Forschungseinrichtungen außerhalb des universitären Bereichs. Für diesen Weg entscheiden sich nach dem Studium knapp 4 Prozent der Ehemaligen, so auch Frithjof Küpper, Bundessieger 1992 im Fachgebiet Biologie. Der promovierte Biologe ist seit zweieinhalb Jahren Leiter des Labors für Marine Algenforschung am Dunstaffnage Marine Laboratory Oban in Schottland. 15 Prozent der Bundessieger arbeiten in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Unternehmen. Einer von ihnen ist Bastian Hengerer, 1. Platz in Arbeitswelt 1979. Er ist als Forschungsgruppenleiter bei Boehringer Ingelheim tätig. Davor arbeitet er als Laborleiter bei Ciba-Geigy und Novartis Pharma.

28 Prozent der erfolgreichen Jungforscher übernehmen nach der Hochschulausbildung eine operative Tätigkeit in der Wirtschaft. In der Regel sind sie in leitender Position oder im Management tätig. So etwa Frank Anton: 1972 gewinnt er beim Bundeswettbewerb im Fachgebiet Technik, heute ist er Vertriebsleiter für Europa und Afrika bei Siemens Medical Solutions. Aber auch der Finanzsektor und Unternehmensberatungen sind bevorzugte Arbeitgeber: Stefan Loesch zum Beispiel, Chemie-Sieger 1987, beginnt zunächst als Unternehmensberater bei McKinsey. Aktuell arbeitet er bei der Investmentbank JPMorgan in London.

Einige Bundessieger sind selbständige Unternehmer. Denn eine Reihe der erfolgreichen Teilnehmer meldet das Jugend forscht Projekt nicht nur zum Patent an. Knapp ein Drittel entwickelt es auch weiter, oftmals bis zur Produktreife. Die Gründung einer Firma liegt in diesem Fall nah. Marec Hase ist so einer: 1988 gewinnt er den Wettbewerb im Fachgebiet Technik mit einem selbstkonstruierten Tandem-Dreirad. Heute ist er Inhaber eines mittelständischen Unternehmens mit 16 Mitarbeitern: Hase-Spezialräder.

Medizin ist kein eigenständiges Fachgebiet bei Jugend forscht. Das allgemeine Interesse an Naturwissenschaften – gefördert nicht zuletzt durch die Teilnahme am Wettbewerb – animiert aber immerhin 11 Prozent der ehemaligen Bundessieger, dieses Fach zu studieren. Von diesen ist später knapp die Hälfte am Krankenhaus oder als niedergelassener Arzt tätig – so etwa auch Karin Reimer, die 1975 den 1. Platz in Chemie erringt. Heute ist sie niedergelassene Fachärztin für Radiologie und Nuklearmedizin in Köln. Die übrigen Mediziner wirken als Hochschullehrer und sind an Universitätskliniken beschäftigt wie zum Beispiel Matthias Frentzen. Der Biologie-Bundessieger von 1976 ist Professor für Zahnmedizin und Leitender Oberarzt am Universitätsklinikum Bonn.

Seltener in den Biografien vertreten sind die Bereiche Schule und öffentliche Verwaltung. Nur 2 Prozent der früheren Jungforscher ergreifen den Beruf des Lehrers – so auch Annette Staudenmayer. Die Biologie-Siegerin von 1991 ist heue Oberstudienrätin für Mathematik und Biologie am Hohenstaufen-Gymnasium in Göppingen und auch als Betreuerin von Jugend forscht Projekten aktiv. In der öffentlichen Verwaltung arbeiten immerhin 5 Prozent der Ehemaligen. Zu dieser Gruppe gehört Wolfgang Dreyer, Biologie-Bundessieger von 1968. Der promovierte Biologe ist Direktor des Zoologischen Museums in Kiel.

Nur ein geringer Teil entscheidet sich bei der Berufswahl am Ende gegen die Naturwissenschaften. Einige zieht es dabei sogar in den künstlerischen Bereich – und das mit durchaus beachtlichem Erfolg. Prominentester Vertreter ist hier wohl Peter Ruzicka. Der Physik-Sieger von 1968 ist der lebende Beweis, dass sich naturwissenschaftliches Interesse und musische Begabung nicht ausschließen. Nach dem Studium der Musikwissenschaften wirkt er in den 90er Jahren unter anderem als Intendant der Hamburgischen Staatsoper, seit 2001 ist er künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele.

Etwa jeder zehnte ehemalige Bundessieger bleibt Jugend forscht auch noch später eng verbunden – zum Beispiel als Kuratoriumsmitglied wie Gisela Anton, Physik-Siegerin von 1975. Sie ist heute Inhaberin des Lehrstuhls für Experimentalphysik der Universität Erlangen. Oder aber als Mitglied einer Fachjury: Matthias Meder etwa, Gewinner im Fachgebiet Biologie 1988, engagiert sich seit Jahren als Juror beim Landeswettbewerb in Niedersachsen. Der promovierte Chemiker ist beim Verband der Chemischen Industrie in Frankfurt tätig.

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen und Biografien lautet das Fazit: Jugend forscht beweist seit 40 Jahren, dass der Wettbewerb ein äußerst wirksames Instrument zur Nachwuchsförderung in Deutschland ist.


  •  2 Klicks für mehr Datenschutz: Erst wenn Sie den Schalter aktivieren, wird der Button aktiv und Sie können Ihre Empfehlung an ShareNetwork senden. Schon beim Aktivieren werden Daten an Dritte übertragen.
  •  
  •  
  •  
  • Zum Seitenanfang

Cookie-Einstellungen

Wir nutzen Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Webseite zu ermöglichen und unsere Kommunikation mit Ihnen zu verbessern. Wir berücksichtigen Ihre Auswahl und verwenden nur die Daten, für die Sie uns Ihr Einverständnis geben.

Diese Cookies helfen dabei, unsere Webseite nutzbar zu machen, indem sie Grundfunktionen wie Seitennavigation und Zugriffe auf sichere Bereiche ermöglichen. Unsere Webseite kann ohne diese Cookies nicht richtig funktionieren.

Diese Cookies helfen uns zu verstehen, wie Besucher mit unserer Webseite interagieren, indem Informationen anonym gesammelt werden. Mit diesen Informationen können wir unser Angebot laufend verbessern.