Jungforscher bleiben bei der Sache

Jugend forscht aktuell | August 1985

Teilnahme am Wettbewerb Jugend forscht als erster Einstieg in die Wissenschaft oder in den späteren Beruf

"Jugend forscht - Die Landes- und Bundessieger im Bundeswettbewerb Jugend forscht 1966-1984", Studie von Hartmut Rahn

1100 ehemalige Jungforscher und Jungforscherinnen des Wettbewerbes Jugend forscht - Landes- und Bundessieger der Jahre 1966-1984 - bekamen von der Stiftung des Deutschen Volkes einen Fragebogen zu ihrem Bildungsweg, 774 antworteten - für eine Gesamtpopulation von 26.000 Wettbewerbsteilnehmern in 20 Jahren eine durchaus repräsentative Gruppe. Dieser hohe Rücklauf von 70 % ist ein erstes Indiz für die Verbundenheit der "Jufos", wie die Teilnehmer wettbewerbsintern genannt werden, mit "ihrem" Wettbewerb.

584, das sind 3/4 der Befragten, studierten oder studieren ein Fach, das einen nahen Bezug zu ihrem Wettbewerbsgebiet hat. Das gilt vor allem für die Technik, die Naturwissenschaften, die Mathematik und Medizin. In diesen Bereichen blieb das Interesse und die Motivation von der Schule über den Wettbewerb und das Studium bis in den Beruf erhalten. 90 % der Teilnehmer aus den Fachgebieten Biologie und Chemie, 70 % der "Geowissenschaftler" und "Physiker" sind in naturwissenschaftlichen Berufen tätig. Auch bei der Technik bleiben 70 %, bei der Mathematik und der Informatik etwa die Hälfte. Unter den wenigen wettbewerbsfernen Studienfächern (6 %) wählten die ehemaligen Landes- und Bundessieger am häufigsten Jura und Wirtschaftswissenschaften.

Zum Forschen treibt die Jugendlichen meistens das eigene Interesse, die Neugier an einem bestimmten Thema. Auch ein Lehrer oder Ausbilder, der begeistern kann, ist sehr wichtig. Für viele ist die Arbeit, besonders wenn sie durch einen Preis belohnt und angespornt werden, der Einstieg in das wissenschaftliche Arbeiten. Selbst unter den Nicht-Abiturienten ist rund ein Drittel über andere Bildungswege zum Studium gekommen, ein Zeichen für die hohe Motivation der Jugend forscht-Teilnehmer.

Jufos sind "Wiederholungstäter", einmal geforscht - immer geforscht, könnte man meinen. Fast die Hälfte der befragten Jungforscher und Jungforscherinnen haben mehr als einmal bei Jugend forscht mitgemacht, 7 % sogar viermal und häufiger. Am stärksten sind die Mehrfachforscher im Fachgebiet Technik vertreten, am seltensten beim Sonderpreisthema Arbeitswelt. Auch andere Konkurrenzen haben die Jugend forscht-Sieger gereizt: am häufigsten haben die "Mathematiker" am Bundeswettbewerb Mathematik teilgenommen.

Bildungspolitisch interessant dürfte sein, daß durch diese Untersuchung die "Inflation" der guten und das Verschwinden der schlechten Abitur-Noten nachgewiesen wird. Die Spitzendurchschnittsnoten haben sich im Erhebungszeitrum von der allerersten bis zur jüngsten Teilnehmergruppe verfünffacht, die schwächeren Durchschnittsnoten dagegen mehr als halbiert. Die ganz schwachen Durchschnitte sind völlig weggefallen.
Die Untersuchung bestätigt, daß der Wettbewerb seinen Namen zurecht trägt, denn "Forscher" kann man die jungen Leute wirklich nennen: 60 % arbeiten in "Wissenschaft und Forschung" oder bezeichnen zumindest "Forschen und Lehren" als ihre wichtigste Tätigkeit (2 Professoren, 4 Privatdozenten, 36 Assistenten, 63 wissenschaftliche Angestellte - 21 Lehrer). Ihr Studium haben sie zielstrebig absolviert, 85 % sind bei ihrem Studienfach geblieben. Die Mathematiker, Physiker und Ingenieure waren auch noch überdurchschnittlich schnell fertig (Abschluß bis zum 12. Semester). 24 % aller Sieger waren 1984 bereits promoviert, die meisten in der Medizin, die wenigsten bei den Informatikern. Diplomabschlüsse waren dabei sehr viel häufiger als Lehrerexamen.

63 hatten noch gar nicht mit der Ausbildung begonnen. Auch 78 "Nicht-Studierte" waren unter den befragten Landes- und Bundessiegern - mit 10 % ein ungewöhnlich hoher Anteil für einen naturwissenschaftlichen Wettbewerb. Das zeigt die Attraktivität des Wettbewerbs Jugend forscht für eine Gruppe, die sonst in vergleichbaren Wettbewerben eher vernachlässigt wird.

Jungforscher geben ihr Wissen weiter: Was früher in den Nachhilfeunterricht eingebracht wurde, fließt heute in eine beachtliche Zahl von Publikationen. Insgesamt ist bisher von den Ehemaligen erschienen:

  • 1683 wissenschaftliche Artikel
  • 65 Bücher
  • 362 Beiträge in Sammelwerken
  • 441 andere Publikationen

Jungforscher haben auch Erfindergeist: Vor allem die Chemiker, Geowissenschaftler, Mediziner und Physiker meldeten - häufiger mehrere - Patente und Gebrauchsmuster an, insgesamt 98.

Jufos sind beweglich: Die Bereitschaft, "auf die Walze" zu gehen und im Ausland zu studieren, liegt durchweg über dem allgemeinen Durchschnittswert von 2 %. Hier waren es 12 %, die bereits länger als 6 Monate im Ausland studiert, geforscht oder gearbeitet hatten.

Jungforscher sind keine Fachidioten. Fast durchweg erweisen sie sich als breit und vielseitig interessiert, musizieren und lesen viel, basteln und tüfteln in ihrer Freizeit. Die "Nebentätigkeiten" differieren allerdings entsprechend den Fachgebieten.

Der typische Jufo ist männlich, aber - Forschen ist auch Mädchensache. Der Anteil der Weiblichkeit bei Jugend forscht ist sei der Gründung um das Doppelte gestiegen, das Verhältnis liegt jetzt bei 80:20. Ein Vergleich mit dem Bundeswettbewerb Mathematik 97:3 spricht klar für Jugend forscht. Die Mädchenbeteiligung ist hier wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen vergleichsweise typisch - und das heißt steigerungsfähig.

Jugend forscht - das sind eigentlich drei Wettbewerbe:

  • für die Schüler und Schülerinnen, die mehr leisten wollen, als die Schule von ihnen verlangt
  • für Jugendliche, die ihre handwerklich-praktischen Begabungen ausprobieren wollen, weil sie in der Schule damit nicht zum Zuge kommen
  • für junge Leute, die in der Lehre oder Ausbildung sich nicht ausgelastet fühlen und zusätzliche Bewährung suchen

Der Wettbewerb ist eine echte Ergänzung für die Talentsuche in der Schule, weil er Persönlichkeitseigenschaften anspricht, die im Schul- oder Ausbildungsalltag nicht ausgeschöpft werden. Begabungsförderung ist zunächst einmal Breitenförderung. Sie umfaßt alle Schulformen von der Hauptschule über die Gesamtschule bis zum Gymnasium ebenso wie die gewerblich-technischen Ausbildungsgänge. Jugend forscht hat sich mit dem Angebot der 6 naturwissenschaftlichen Fachgebiete und dem Sonderpreisthema Umwelt durchaus als ein Instrument in diesem Sinne ausgewiesen. Daß der Wettbewerb die Breitenförderung und die Hochbegabtenförderung leistet, hat die Untersuchung eindrucksvoll bestätigt.


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