Familie & mehr

Jugend forscht Alumni-Festschrift | Juni 2006

Forschen im Familienverbund

Nicolas und Victor Brantl

Drei Kinder – drei Jugend forscht Bundessieger. Es scheint, als hätte das Ehepaar Schulze in der Erziehung von Waltraud, Birgit und Ernst-Eckart irgendetwas richtig gemacht – schließlich rangieren Jugend forscht Gewinner auf der Musterkind-Skala ganz oben und damit auf der gegenüberliegenden Seite von, sagen wir mal, Schulabbrechern. Waltraud, die älteste der Geschwister, legt vor: Mit einer Arbeit über "Die Bedeutung der Assimilationsstärke für das Wachstum von Arabidopsis thaliana" wird sie 1990 Bundessiegerin im Fachgebiet Biologie. Die große Schwester und ihre Ackerschmalwand (denn das ist die Arabidopsis thaliana) haben offenbar eine gewaltige Vorbild-Funktion: Denn bereits ein Jahr später tritt auch Birgit bei Jugend forscht an. Und da der kleine Ernst-Eckart auch gerne mitmachen möchte, aber kein Thema weiß, tun sich die beiden jüngsten Familienmitglieder zusammen. "Frische Luft im Klassenzimmer" heißt das Projekt der beiden, und da kann auch der erst 13-jährige Bruder schon mitreden. Im Klassenzimmer kennt er sich aus. Prompt siegen auch die beiden Jüngeren auf Bundesebene – im Fachgebiet Arbeitswelt. Aber nicht allein der Ideenmangel macht aus Mittel- und Mini-Schulze eine Arbeitsgruppe. "Die drei verstehen sich einfach gut", bestätigt die Mutter der drei Natur(wissenschafts)-talente. Und damit nennt sie einen wesentlichen Grund, warum die Jugend forscht Teilnahme ganzen Familien in Fleisch und Blut (welches redensartlich ja sowieso dicker als Wasser ist) übergeht.

Die Kinder/Bundesieger-Quote aus dem Hause Schulze ist sicherlich die Ausnahme – Verwandtschaft innerhalb von Jugend forscht ist es nicht. Bruder und Schwester, Cousin mit Cousin, ein- und zweieiige Zwillinge, mittlerweile sogar ganze Familien über mehrere Generationen. Wer einmal eine Lötstelle gerochen, ein Haustier beobachtet oder einen Chromatographen bedient hat, den lässt es scheinbar nicht mehr los. Und dann wird mitunter die ganze Familie vom Forschungsfieber gepackt.

Die Brantls sind so ein Fall: Wie sie da stehen, es ist 1969, mit ihrer Papierrakete und der unverkennbaren Familienähnlichkeit. Man sieht ihnen die gemeinsam bei Basteleien im Keller verbrachten Stunden geradezu an. Womit man bei einem weiteren gewichtigen Vorteil der stammbauminternen Forschungsarbeit wäre: der räumlichen Nähe. Ein Keller, ein Chemie-Baukasten, im Falle von Geschwistern sogar nur ein Satz genervter Eltern. Einfach unschlagbar! Den Brantls gelingt unter diesen Umständen ein wahrer Höhenflug. Ihre Löschpapierrakete kostet 1,90 DM in der Herstellung, fliegt 8 400 Meter hoch und gewinnt den ersten Platz im Fachgebiet Technik.

Die berühmtesten Cousins bei Jugend forscht hören übrigens auf den Familiennamen Schleicher. Dierk, Andreas und Sasha IV gewinnen 1984 einen Sonderpreis beim Bundeswettbewerb. Dabei ist anzumerken, dass es neben Dierk und Andreas mitnichten vier Sashas in der Erbfolge gibt. Sasha mit dem vornehmen Zusatz "der Vierte" ist ein Spracherkennungscomputer, Andreas und Dierk sind seine Erfinder. Um Sprache, Erfindungen und Bildung im Allgemeinen kümmert sich Andreas Schleicher auch heute noch bevorzugt: Der "Vater" der PISA-Studie ist Bildungskoordinator bei der OECD.

Der Begriff "Familienähnlichkeit" ist eine Untertreibung für Jochen und Jürgen Scherschmidt. So ähnlich, wie sich die beiden Zwillinge sehen, dürfte es bei den Juroren zu Verwirrung und Verwechslung gekommen sein. Geschadet hat es aber offenbar nicht – ihr "Videorekorder mit automatischer Filmverwaltung" wird 1993 ebenso mit dem ersten Platz im Fachgebiet Technik ausgezeichnet wie das "Elektronische Video-Archivierungssystem für Endoskopiedaten" vier Jahre später. Ihre Zusammenarbeit bei Jugend forscht haben die technisch versierten Brüder clever aufgeteilt: Jürgen übernimmt die Programmierung, Jochen die Elektronik. So läuft echte Zwillingsforschung. Ähnlich reibungslos die Zusammenarbeit und ähnlich groß ist die Ähnlichkeit bei den Scharsteins: Die Zwillinge überzeugen mit einer Maschine, die das 80er-Jahre-Original "Zauberwürfel" automatisch aus jeder Position wieder in den Ursprungszustand zurückdrehen kann. Dafür gibt es 1987 nicht nur den ersten Preis im Fachgebiet Technik, sondern auch den Sonderpreis des Bundeskanzlers für die originellste Arbeit.

Jugend forscht ist also nicht nur eine 40-jährige Erfolgsgeschichte in Sachen Nachwuchsförderung. Jugend forscht ist auch eine 40-jährige Erfolgsgeschichte in Sachen "Familienförderung". So hat das wohl noch keiner gesehen. 


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