Zu jung für den Bundessieg
Stiftung Jugend forscht e. V. | 2006
Pascal Merle – 2. Preis Mathematik/Informatik 1986
Die Wettbewerbsteilnahme von Pascal Merle im Fachbereich Mathematik/Informatik endet 1986 in einem kleinen Skandal. Dabei fängt alles so vielversprechend an: Der erst 14-Jährige ist nicht zum ersten Mal bei Jugend forscht dabei, sondern schaut bereits auf eine steile Karriere bei Schüler experimentieren zurück. Diverse zweite und ein erster Preis auf Landesebene hat er als Erfolge vorzuweisen. Die Jury bewertet seine Arbeit 1986 als "überaus anspruchsvoll" und stuft das Talent des jungen Bastlers als "außergewöhnlich" ein. Pascal Merle darf seinen "Cross-C-Compiler für TMS99xxxMikroprozessoren unter UNIX" daher auf dem Bundeswettbewerb präsentieren und muss sich mit 16- bis 21-Jährigen messen. Die stellen allerdings kaum eine Konkurrenz für den schmächtigen Tüftler dar. Schnell stellt sich heraus, dass Pascal Merle, Alter hin oder her, die "Großen" in die Tasche steckt. Die Jury sieht dies ähnlich, hat aber Skrupel, ein so junges Talent mit dem Bundessieg auszuzeichnen. Zum ersten Mal in der Geschichte des Wettbewerbs wird deswegen der erste Platz nicht vergeben und Pascal Merle mit dem zweiten Platz ausgezeichnet. Bis heute ist diese Entscheidung nicht unumstritten. Das Kuratorium zumindest entscheidet, dass von nun an in jedem Jahr alle Plätze vergeben werden müssen.
Das "siegreiche" Projekt stellt ein echtes Novum in der Computerwelt dar. Pascal Merle entwickelt ein Programm, das höhere Programmiersprache in einfache Maschinensprache übersetzt. Heute ist diese Technik weit verbreitet, 1986 "ist das höchstens ein Thema für Doktoranden", so der Jungforscher. Tatsächlich ist Pascal Merle vielen anderen Experten in Sachen Computer weit voraus. Kein Wunder: Schon mit sieben Jahren beginnt er, natürlich mit Unterstützung des Vaters, seines Zeichens Professor der Physik an der Universität Mainz, an den Rechnern in der Uni "herumzuspielen". Raumschiff-Simulationen, heute in jedem Kinderzimmer vertreten, programmiert er einfach selbst. Da ist der Schritt zu Jugend forscht nicht mehr weit.
Der nächste Schritt folgt nach der folgenreichen Entscheidung beim Bundeswettbewerb: Es hagelt Anfragen, viele sind am neuen UNIX-Werkzeug interessiert. "Da habe ich ein Gewerbe angemeldet und eine Firma gegründet", erzählt Pascal Merle, als sei es das Normalste von der Welt. Dass er für diesen Schritt als 15-Jähriger eine Sondergenehmigung vom Vormundschaftsgericht benötigt, verschweigt er freilich. Warum auch nicht, schließlich macht die PAM-Software GmbH schon im ersten Geschäftsjahr beachtliche Umsätze und braucht sich hinter den Großen der Branche nicht zu verstecken. Ein Gefühl, dass Pascal Merle ja vom Bundeswettbewerb schon kennt. Obwohl er mittlerweile auch Physikstudent an der Universität Mainz ist, arbeitet der Jungunternehmer weiter mit Hochdruck an seiner Firma. Knacken und Rauschen sollen der Vergangenheit angehören, das mittlerweile in i-p-tel umbenannte Unternehmen will das globale Datennetz zum Standardweg für Ferngespräche machen: Schnell, preiswert und genauso komfortabel wie eine herkömmliche Standardleitung soll das Internet-Telefon funktionieren. Märkte sieht Pascal Merle vor allem in Ländern wie Lateinamerika oder Indien, in denen das Festnetz oft überlastet ist. So oder so, auch wenn riesige Investitionen vonnöten sind, um Kabelnetze zu betreiben und Soft- sowie Hardware zu entwickeln – der digitalen Kommunikation gehört die Zukunft. Einige große Netzbetreiber wie die Telekom gehören schon zu Pascal Merles Kunden, weitere werden folgen.
Mit dem Studium ist der erfolgreiche Jufo mittlerweile fertig. Ein Wunder, wenn man bedenkt, dass er die ganze Zeit ein "Doppelleben" führt. Während Kommilitonen für die Uni lernen oder in Mainzer Cafés ausspannen, tüftelt Pascal Merle schon längst wieder an neuen Ideen. Sogar die Promotion hat er "ganz nebenbei" geschrieben und mit "magna cum laude" abgeschlossen. Trotzdem legt er Wert darauf, nicht als Wunderkind beschrieben zu werden. Er hat eine Freundin (Juristin), kann kochen, läuft Ski, spielt Volleyball und düst mit seinem TT-Roadster Club durch die Umgebung. Und nebenbei überwacht Pascal Merle die Fertigstellung seines neuen Bürokomplexes in bester Lage in Mainz. Ein Gebäude, das mit einer Besonderheit aufwarten kann. Für alle Mieter gilt: Die Kosten für Internet-Telefonie sind bereits in der Miete enthalten. Der Bürokomplex ist inzwischen voll vermietet. Auch sonst ist Merle sehr erfolgreich. Mit seinen für Rechenzentren neu entwickelten Telefonanlagen telefonieren bereits 9000 Kunden. Diese haben bislang über drei Millionen Gesprächsminuten verbraucht. Wie erklärt sich der Ex-Jufo seinen außergewöhnlichen Werdegang? Gar nicht. Pascal Merle: "Ich kann nichts dafür. Vielleicht sind es die Gene." So einen kann nicht einmal der "nur" zweite Platz bei Jugend forscht aus der Bahn werfen. Beruflich läuft also alles wie am Schnürchen. Aber auch privat gibt es Grund zur Freude: Pascal Merle ist frischgebackener Vater. Das ist vielleicht der bislang größte Erfolg seiner Karriere.
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