Dr. Lessing löst jeden Fall

Stiftung Jugend forscht e. V. | 2006

Paul Erich Frielinghaus – 5. Preis Mathematik/Informatik 1978

Paul Erich Frielinghaus

Wird jeder Jufo später Wissenschaftler? Nein, obwohl natürlich viele Nachwuchsforscher ihr Hobby zum Beruf machen. Kann man trotzdem sagen, dass ehemalige Gewinner auch in anderen Berufen besonders erfolgreich sind? Vielleicht. Paul Erich Frielinghaus wäre ein gutes Beispiel für diese These.

Schon in der Schulzeit fährt er sozusagen zweigleisig: Frielinghaus beschäftigt sich mit Mathematik und Informatik, möchte eigentlich Biologie studieren und stellt sein naturwissenschaftliches Talent 1978 bei Jugend forscht unter Beweis. Er entwickelt ein Computerprogramm, das den Gegner bei einem bekannten Strategiespiel ersetzt. Er nennt das Spiel Serata, vielen mag es unter dem Namen Kalaha bekannt sein: Es handelt sich um eines der ältesten Spiele der Menschheit, das ebenso viele Namen wie Regeln kennt, eigentlich sehr einfach ist und doch unendlich viel Taktik erfordert. Zwölf Mulden, die selbst am Strand schnell ausgebuddelt werden können, werden mit Bohnen, Steinchen oder Spielkugeln gefüllt, und schon kann es losgehen. Durch das geschickte Verteilen einer bestimmten Anzahl von Steinen, durch Füllen und Entleeren von Mulden muss versucht werden, dem Gegner alle Kugeln zu entwenden. Die entsprechenden Spielzüge zu programmieren ist anspruchsvoll - besonders für einen 19-Jährigen, dem nur die Computertechnik des Jahres 1978 zur Verfügung steht. Paul Erich Frielinghaus belegt mit seiner Arbeit beim Bundeswettbewerb den 5. Platz.

Neben Technik und Tüftelei kommt allerdings auch die musische Seite des jungen Forschers nicht zu kurz. Wie so oft fängt die Förderung in jungen Jahren, nämlich in der Schule an und fällt dort auf besonders fruchtbaren Boden. Der Schüler Frielinghaus engagiert sich in der Theater AG seines Gymnasiums, spielt 1977 eine Rolle in Sophokles "Antigone" und im Jahr seiner Jugend forscht Teilnahme auch den Ochsenspieß in Labiches Einakter "Meine Hyazinthe". In der Fuldaer Zeitung ist tags darauf zu lesen: "Paul Erich Frielinghaus demonstriert als Ochsenspieß die Oberflächlichkeit und raffinierte Glätte des eleganten Freiers mit einem erstaunlichen Repertoire an mimischen und gestischen Ausdrucksmöglichkeiten." Ein begabter junger Forscher, der auch auf der Theaterbühne überzeugt und zudem Cello spielt.

Wie also wählt ein Jugendlicher einen Lebensweg, eine Ausbildung, wenn die naturwissenschaftlichen und die musischen Neigungen ganz offensichtlich gleich stark ausgeprägt sind? Auch bei dieser Entscheidung ist Jugend forscht nicht ganz unbeteiligt, wenn auch das Ergebnis das Gegenteil vermuten lassen würde. Die 1978 gewonnene Bundessieger-Reise nach Israel wird zum Schlüsselerlebnis: Paul Erich Frielinghaus erkennt am dortigen Weizmann-Institut, das Jahr für Jahr Jugend forscht Gewinnern einen Einblick in die Forschungsarbeit ermöglicht, wie langwierig diese sein kann, wie viel Geduld erforderlich ist – und "dass er eigentlich schon längst mit dem Theater-Virus infiziert ist". Aus dem geplanten Biologiestudium wird ein Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover.

Offensichtlich ist dies nicht die schlechteste Entscheidung. Entgegen der gängigen Annahme von der "Schauspielerei als brotlose Kunst" kann sich Paul Erich Frielinghaus auf den Bühnen etablieren und verbringt seine ersten Jahre nach dem Studium am Stadttheater Würzburg und an der Freien Volksbühne Berlin. Theatertourneen führen ihn nach Japan und Usbekistan, obwohl das Theater bereits zu dieser Zeit nur noch ein Ausflug für den "Beinahe-Forscher" Frielinghaus ist. In Berlin, seiner Wahlheimat, wird er bei einem Casting (für einen Film, der doch nie realisiert wird) für das Fernsehen entdeckt. Seit 1992 spielt Paul Erich Frielinghaus in Produktionen für alle großen Sender mit, ist in Vorabendserien wie "Girlfriends", "Nicht von schlechten Eltern" oder "Im Namen des Gesetzes" zu sehen. Der nächste große Schritt kommt, wie Paul Erich Frielinghaus selber zugibt, "aus heiterem Himmel". Er tritt die Nachfolge von Günter Strack an und wird zum Anwalt Dr. Lessing, dem Partner von Matula in der bekannten ZDF-Krimireihe "Ein Fall für zwei". "Ich hatte mich nicht beworben, sondern wurde damals vom Produzenten angerufen.", so Frielinghaus. "Ich fühlte mich natürlich sehr geehrt." Seit vier Jahren gehört Paul Erich Frielinghaus nun zum Team, fühlt sich in der Serie, die sich den Titel "Am längsten laufende Detektivreihe im deutschen Fernsehen" verdient hat, "längst heimisch".

Gedreht wird im Rhein-Main-Gebiet, privat ist Frielinghaus allerdings Berlin treu geblieben. Zwischen den Dreharbeiten, die ihn für etwa drei Wochen am Stück in seine kleine Wohnung nach Wiesbaden führen, verbringt er eine Woche drehfreie Zeit mit Lebensgefährtin und zwei Kindern an der Spree. Dort geht er seinem Faible für Musik nach, besucht Konzerte, läuft und schwimmt, um den Kopf frei zu bekommen. Und dann geht es wieder los. Mit einem neuen, dicken Drehbuch, mit einem Diktiergerät und der Gewissheit, dass sich die Entscheidung gegen ein Leben im Laborkittel gelohnt hat.


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