Auf der Suche nach Herausforderungen
Stiftung Jugend forscht e. V. | 2017
Vincent Stimper – Bundessieger Physik 2014
Was macht ein Jugendlicher, wenn er sich in der Schule nicht ausgelastet fühlt? Er sucht sich eine neue Herausforderung: Im Fall von Vincent Stimper aus Chemnitz ist das die Teilnahme an Schülerwettbewerben. Und so wird aus dem Schüler ein Wettbewerbsteilnehmer in "Vollzeit", wie er selbst es ausdrückt. Bei den Wettbewerben beschäftigt er sich mit Themen, die ihn interessieren, fühlt sich gefordert und trifft Gleichgesinnte. Seit der 2. Klasse nimmt Vincent Stimper regelmäßig an Schülerwettbewerben teil: beispielsweise bei der Mathematik- und Physik-Olympiade, bei dem internationalen Physikweltcup IYPT sowie bei Jugend debattiert. Doch die Teilnahme bei Jugend forscht ist auch für den "Profi" eine besondere Herausforderung: "Jugend forscht ist die Königsklasse", sagt er, "und auch in der Wirtschaft und Wissenschaft am höchsten angesehen."
Den Sternen ganz nah
Vincent Stimper wird - wie sollte es anders sein - bei einem Schülerwettbewerb auf Jugend forscht aufmerksam, als er anderen Teilnehmern von seinem neuen Astronomieprojekt berichtet. Diese empfehlen ihm, damit doch bei Jugend forscht teilzunehmen. Und so meldet sich der Jungforscherer in der 48. Wettbewerbsrunde mit dem Projekt "Den Sternen ganz nah - Umrechnung astronomischer Koordinatensysteme" im Fachgebiet Mathematik/Informatik an. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits rund zwei Jahre intensiver Arbeit an seinem Projekt vergangen. Angefangen hat alles mit einem Teleskop, das sich der Jungforscher kauft, um damit die Sterne zu beobachten. Dabei arbeitet er mit astronomischen Koordinatensystemen, mit denen man die Position der Sterne am Himmel beschreibt. Unpraktisch findet er jedoch, dass es verschiedene dieser Koordinatensysteme gibt. Also lernt er zu programmieren und entwickelt eine Software, mit der eine Umrechnung zwischen den Systemen möglich ist. Mit seinem Projekt überzeugt Vincent Stimper die Jury auf Regional- und Landesebene und erhält eines der begehrten Tickets zum Bundeswettbewerb 2013 in Leverkusen. Zusammen mit insgesamt 189 Jungforschern aus ganz Deutschland erlebt er dort eine lehrreiche und spannende Zeit. Besonders prägt ihn die Teilnahme an den Preisverleihungen: "Wie alle Teilnehmer hoffte ich auf einen Preis, doch mein Name wurde nicht aufgerufen." In diesem Moment nimmt er sich vor, ein weiteres Mal bei Jugend forscht teilzunehmen, und - falls er dann einen Preis gewinnt - auch an all diejenigen zu denken, die es in dem Jahr nicht geschafft haben.
Zwischen Harmonie und Chaos
Die große Leidenschaft von Vincent Stimper sind die Fächer Mathematik und Physik. Was ihn daran so fasziniert? Komplexe scheinbar unlösbare Fragestellungen und die Herausforderung, Stück für Stück an neuen Erkenntnissen zu arbeiten. "Wenn man dann die Lösung hat, fühlt man sich wie der King der Welt", so der Jungforscher. Insofern verwundert es nicht, dass er für seine zweite Jugend forscht Teilnahme ein komplexes theoretisches Problem erforscht. In seinem Projekt "Zwischen Harmonie und Chaos - ein verallgemeinertes Modell des Doppelpendels" untersucht er sogenannte chaotische Prozesse. Dabei handelt es sich um Systeme, deren künftige Entwicklung unvorhersehbar erscheint. Ein ebensolches System ist das Doppelpendel: Stößt man es an schwingt es erst gleichmäßig hin und her, um bald darauf chaotisch herumzutanzen. Der Jungforscher untersucht die Bewegungen des Doppelpendels und findet beispielsweise heraus, dass einige Schwingungen des Pendels bereits chaotisch sind, obwohl sie regelmäßig erscheinen. In der 49. Wettbewerbsrunde von Jugend forscht tritt Vincent Stimper mit diesem Projekt im Fachgebiet Physik an, wird erneut sächsischer Landessieger und kann sich so für den Bundeswettbewerb qualifizieren.
Preisträger mit Herz
Das Jugend forscht Finale Ende Mai 2014 in Künzelsau hält für den 18-Jährigen viele Überraschungen bereit. Höhepunkt des viertägigen Wettbewerbs sind die Preisverleihungen am Samstagabend und Sonntagvormittag. Am Samstag findet die Sonderpreisverleihung in festlicher Atmosphäre, mit einem mehrgängigen Dinner und vielen Gästen statt. Der Jungforscher denkt in diesem Moment an seine Wettbewerbserfahrung aus dem vorangegangenen Jahr und wie er vergeblich auf einen Preis hoffte. Doch in diesem Jahr ist alles anders: Vincent Stimper gewinnt die begehrte Reise zur Nobelpreisverleihung in Stockholm. In seiner Dankesrede motiviert er die anwesenden Jungforscher, die diesmal ohne Auszeichnung geblieben sind, mit ergreifenden Worten nicht aufzugeben und weiter zu forschen. Er selbst sei ein gutes Beispiel, dass es sich lohnt. Für seine aufmunternden Worte bekommt er im Anschluss viel Zuspruch von seinen Mitstreitern. "Die große Anerkennung hat mich fast mehr geehrt als die Auszeichnung selber", sagt der Preisträger.
Sieger in der "Königsklasse"
Zum Zeitpunkt der Sonderpreisverleihung kann Vincent Stimper noch nicht wissen, dass am nächsten Tag ein noch viel größerer Erfolg auf ihn wartet. Die Siegerehrung am Sonntag beginnt mit dem traditionellen Einmarsch der Jungforscher. Nachdem alle auf ihren Plätzen sitzen, beginnt für den talentierten Physiker wieder das Hoffen und Bangen. Dann der große Moment: Vincent Stimper gewinnt den Bundessieg im Fachgebiet Physik! Klaus von Klitzing, Nobelpreisträger für Physik des Jahres 1985, hält die Laudatio und beglückwünscht ihn auf der Bühne. Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka sowie zahlreiche Vertreter aus Politik und Wirtschaft sitzen in der ersten Reihe und beklatschen begeistert die herausragende Leistung. "Ich fühlte mich sehr geehrt und demütig, dass meine Arbeit in dieser Form honoriert wurde", so der Jungforscher.
Bereits als Schüler an der Universität
Die Teilnahme an Wettbewerben ist nicht die einzige Herausforderung, der sich Vincent Stimper stellt. Im Internet recherchiert er Schülerprogramme an der Technischen Universität Chemnitz und stößt auf die dort angebotene Begabtenförderung. Der Jungforscher bewirbt sich und die Universität nimmt ihn im Herbst 2011 in das Programm auf. Ab jetzt trifft er sich einmal in der Woche mit einem Mentor, der mit ihm ausgewählte mathematische und physikalische Probleme diskutiert. Für den Jungforscher sind diese Stunden ein Highlight jeder Woche: "Ich hatte immer Lust zu lernen. Der Unterricht in der Schule konnte mir das allerdings häufig nicht bieten." Über zwei Jahre besucht er bereits als Schüler regelmäßig die Universität. 2014 beginnt er dann ein reguläres Physikstudium an der Technischen Universität München.
Was die Zukunft bringt
Welche Herausforderungen die Zukunft für ihn bereithält, weiß Vincent Stimper noch nicht. Eine Universitätskarriere und vielleicht irgendwann eine Professur würden ihn reizen, aber auch einem Job in der Wirtschaft ist er nicht abgeneigt: beispielsweise im Bereich Maschinenentwicklung oder Finanzen. Bei seinen Entscheidungen spielt aber auch sein Privatleben immer eine wichtige Rolle. Mindestens dreimal die Woche treibt er Sport, außerdem macht er Musik und trifft sich gern mit Freunden. "Ich brauche immer auch Freizeit und Momente, in denen ich nicht an Physik oder Mathematik denke", sagt der Jungforscher.
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