„Man muss seine Träume leben“

Hildesheimer Allgemeine Zeitung | 23. Februar 2009

Ehemaliger Bundessieger von „Jugend forscht“ ist Neurochirurg – und für heutige Teilnehmer ein Vorbild

Hildesheim (HA). Vor 25 Jahren nahm der Andreaner Erck Elolf bei „Jugend forscht“ teil und wurde mit seinen Schulfreunden Thomas Olszowy und Kai Sundmacher auf Anhieb Bundessieger in Chemie. Heute hat er promoviert, ist Facharzt für Neurochirurgie, Radiologie und Neuroradiologie. Seine Erfahrung bei „Jugend forscht“ möchte er nicht missen. Der Wettbewerb hat ihn geprägt, seinen Weg immer begleitet.

„Chemie ist das, was knallt und stinkt, Physik ist das, was nie gelingt“, heißt ein alter Pennäler-Spruch. Ein Schulversuch, der partout nicht gelingen wollte und in der Praxis regelmäßig andere Ergebnisse brachte als das theoretisch berechnete, war es denn auch, der in dem Schüler-Trio den Forschergeist weckte. Wenn man in eine Lösung aus Glukose und Fructose Säure gibt, müssten die schwache Bindung zwischen den Zuckern aufbrechen und sich im polarisierten Licht bestimmte Drehwinkeländerungen zeigen. „Aber das ging immer falsch“, erinnert sich Elolf grinsend. Weder die Fachliteratur noch das Wissen des Lehrers brachte sie weiter. Also krempelten die drei die Ärmel auf und begannen zu experimentieren ...

Schon der Landessieg und die Unterstützung der Uni Clausthal beflügelte sie auf ihrem Weg. Als dann aber im Bundeswettbewerb in Augsburg der damalige Bundesforschungsminister Dr. Heinz Riesenhuber an ihren Stand kam und sie in einem Halbsatz wissen ließ, dass sie sich um ihren Studienplatz ganz sicher keine Gedanken mehr zu machen brauchten, wurde den Schülern schon ein bisschen mulmig. „Wir hätten nie damit gerechnet, dass wir mit unserer Arbeit einen Blumentopf gewinnen würden“, sagt Elolf noch heute. „Wir hatten doch nur ein paar Seiten und einen Photometer aus der Schule dabei.“ Bei der Preisverleihung auf der Bühne habe er plötzlich das Gefühl gehabt, einen Wattebausch im Kopf zu haben.

Damals gab es noch kein „DSDS“ mit hysterischem Medienhype, doch die inzwischen 19-jährigen Abiturienten waren in ihrer Disziplin über Nacht zu Stars geworden. „Jugend forscht“-Sieger zu sein war damals etwas besonderes und ist es noch heute. Das Prädikat ist Netzwerk, Türöffner, der manchmal entscheidende kleine Unterschied. „Wir haben alle den Studienplatz bekommen, den wir uns gewünscht haben“, sagt Elolf. Bei Erck Elolf war es Medizin.

Dabei sah es phasenweise gar nicht so aus, als ob der Filius des langjährigen Kreishandwerksmeisters Friedel Elolf zu akademischen Ehren kommen würde. Mit 16 habe er nämlich überhaupt keinen Bock mehr auf Schule gehabt. Der lebensweise Vater ließ seinen Sprössling gewähren. Nach sechs Wochen im Straßenbau trabte der Junior reumütig zurück ins Klassenzimmer, entdeckte seine Begeisterung für Mathe, Chemie, Biologie und erhielt 1983 sogar den Hans-Adolf-Krebs-Preis des Andreanums.

Elolf studierte in Hannover, Boston und Ohio. Bei dem berühmten Neurochirurgen Prof. Madjid Samii erlernte der junge Doktor der Medizin die hohe Kunst der Neurochirurgie. Viele andere hätten jetzt wahrscheinlich zügig eine Habilitation angestrebt. Doch Elolf sieht sich trotz aller Erfolge nicht als Karrierist. Spaß und Herausforderung sind ihm immer wichtig(er) gewesen. „Man muss seine Träume leben.“ Dafür riskierte er sogar den Unmut von Samii, als er sich der Radiologie zuwandte und sich danach in Göttingen auch noch zum Neuroradiologen ausbilden ließ. In Deutschland dürfte es nur eine handvoll Mediziner mit dieser ungewöhnlichen Fächerkombination geben. Entsprechend begehrt sind die in den Kliniken.

Elolf entschied sich für Hildesheim, ging im April 2008 ans Rhön-Klinikum und arbeitet heute zu gleichen Teilen in der Radiologie und Neurochirurgie. „Das macht einen Heidenspaß.“ Die Begeisterung für naturwissenschaftliche Herausforderungen scheint der dreifache Familienvater auch an seine Kinder weitergegeben zu haben: Der sechsjährige Sohn spielt am liebsten mit seinem Experimentierkasten für Solartechnik, die siebenjährige Tochter möchte ihr Mikroskop gar nicht mehr aus der Hand geben. „Man muss Kinder fördern, darf sie aber nicht drängen. Wissenschaft ist ein kreativer Prozess, der Wege aufzeigt. Man kann auf die Nase fallen, lernt aber auch, wieder aufzustehen.“ Genau so waren der heute 43-Jährige und seine beiden Schulfreunde ihr „Jugend forscht“-Projekt angegangen. Und genau so haben sie es zum Erfolg geführt.

25 Jahre später hat die Stiftung „Jugend forscht“ Dr. Erck Elolf in der Uni Hildesheim nun noch einmal mit einer Urkunde ausgezeichnet. Für seine Verbundenheit zum Wettbewerb, für seine Vorbildfunktion für all die Schüler, die in der vergangenen Woche schon einmal die Bezirksrunde bestanden haben.


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