Das Erfolgsrezept von Jessica Fintzen ist der Spaß an der Mathematik

Jugend forscht Alumni News | Oktober 2008

Die 19-jährige Nachwuchswissenschaftlerin errang 2008 beim 43. Jugend forscht Finale in Bremerhaven gemeinsam mit zwei Projektpartnern den Bundessieg im Fachgebiet Mathematik/Informatik

Alumni News: Sie haben in diesem Jahr Ihr Abitur auf dem Elsensee-Gymansium in Quickborn mit der Note 1,0 abgelegt. Das heißt, Sie haben in allen Fächern durchweg sehr gute Leistungen erbracht. Waren Sie schon immer eine so hervorragende Schülerin?

Jessica Fintzen: Nein. In der Grundschule war ich zwar nicht schlecht, aber Zeugnisse mit diesem Notendurchschnitt hatte ich erst auf dem Gymnasium ab der 5. Klasse.

Alumni News: Was ist das Geheimnis Ihres Erfolges? Welchen Anteil hat die Schule daran? Welchen Anteil das sonstige Umfeld, die Familie zum Beispiel?

Jessica Fintzen: Das Erfolgsgeheimnis ist vor allem, Spaß an der Mathematik und der Physik zu haben. Wenn man Spaß und Interesse an etwas hat, dann beschäftigt man sich auch gerne länger damit und kann seine Fähigkeiten bzw. sein Wissen auf diesem Gebiet ausbauen. Die Schule hatte nur insofern einen Anteil daran, als dass mir eine Lehrerin, die für kurze Zeit an der Schule war, die Möglichkeit gegeben hat, an der Mathematik-Olympiade teilzunehmen. Weil mir das sehr viel Spaß gemacht hat, habe ich auch in den folgenden Jahren mitgemacht und darüber hinaus auch noch andere Wettbewerbe für mich entdeckt. So konnte ich neben meinem Jugend forscht Bundessieg in diesem Jahr auch bei der Internationalen Mathematik-Olympiade sowie der Internationalen PhysikOlympiade eine Bronzemedaille gewinnen.

Alumni News: Sind Sie an Ihrem Gymnasium darüber hinaus besonders gefördert worden? Fühlten Sie sich mit Ihrer Begabung angemessen gefordert?

Jessica Fintzen: Ab Klasse 7 habe ich eine Mathematik-AG besucht, die zur Vorbereitung auf die Mathematik-Olympiade diente. In der Oberstufe gelang es mir dann mehrmals, an den Auswahlseminaren zur Internationalen Mathematik-Olympiade (IMO) teilzunehmen. Dort wurde ich dann in sieben Seminaren pro Jahr gut gefördert. Der Mathematik- und Physikunterricht in der Schule war dagegen keine wirkliche Herausforderung. Ich habe dann einfach Aufgaben der Olympiaden gerechnet, statt am Unterricht teilzunehmen.

Alumni News: Sind Ihnen diese sehr guten Leistungen "in den Schoß" gefallen oder haben Sie, wie man so schön sagt, Tag und Nacht dafür gearbeitet?

Jessica Fintzen: Eher das Erste. Ich habe das Glück, relativ gut logisch denken zu können und dann fallen einem Mathematik und Physik einfach leicht. Wenn man jedoch an Wettbewerben erfolgreich teilnehmen möchte, muss man sich noch einiges an Hintergrundwissen aneignen und das Lösen von Aufgaben trainieren. Das ist natürlich Arbeit, macht aber Spaß. Es ist mit einem Leistungssportler vergleichbar, der auch regelmäßig trainieren muss, um erfolgreich zu sein, selbst wenn er eine Begabung mitbringt.

Alumni News: Was ist das für ein Gefühl, die Beste des Abiturjahrgangs Ihrer Schule zu sein und im gleichen Jahr Bundessiegerin bei Jugend forscht zu werden?

Jessica Fintzen: Das ist eine schwierige Frage. Das Problem ist, dass ich eigentlich schon längere Zeit damit gerechnet habe, dass ich die Beste in meinem Jahrgang an unserer Schule sein werde. Somit war es keine große Überraschung für mich. Dass ich die Beste des Jahrgangs bin, ist eigentlich auch gar nicht so wichtig, mein Ziel war es eher, ein sehr gutes Abitur zu schaffen, und das habe ich erreicht. Bundessiegerin bei Jugend forscht zu werden war dagegen ein wirklich tolles Gefühl. Allerdings ging es ein wenig unter in einem viel besserem Gefühl. Ich hatte nämlich direkt vor der Fahrt zum Bundesfinale erfahren, dass ich zur Internationalen Mathematik-Olympiade nach Madrid fahren darf, d. h. als ich Bundessiegerin wurde, war ich sowieso schon überglücklich über die IMO Qualifikation. Zusammen mit dem Bundessieg habe ich dann in dieser einen Woche viel mehr erreicht als ich mir je vorher vorgestellt hatte, und das macht mich sehr glücklich und ich freue mich, dass sich die Arbeit gelohnt hat.

Alumni News: Wie sind Ihre Mitschüler mit Ihrem Erfolg umgegangen?

Jessica Fintzen: Es schien die meisten nicht wirklich interessiert zu haben.

Alumni News: Sie waren offensichtlich in allen Fächern überdurchschnittlich gut, haben aber Ihren Schwerpunkt in Mathematik und Physik. Was ist für Sie das Besondere an diesen beiden Fächern im Vergleich zu den anderen?

Jessica Fintzen: Die Mathematik finde ich so faszinierend, weil alles so schön logisch aufgebaut ist und wenn ein Satz bewiesen ist, dann stimmt er. Und die Physik mag ich so gerne, weil sie zum großen Teil Mathematik ist.

Alumni News: Hat es Sie nie gereizt, auch einmal an einem Fremdsprachen-Wettbewerb teilzunehmen?

Jessica Fintzen: Nicht wirklich. Ich habe zwar gerne neue Sprachen gelernt, aber ich konnte mir nicht vorstellen, an einem entsprechenden Wettbewerb teilzunehmen. Außerdem hätte ich dafür wohl einiges an Zeit investieren müssen, und die habe ich dann lieber der Mathematik und der Physik gewidmet.

Alumni News: Sie sind der lebende Beweis, dass das landläufige Vorurteil "Mädchen können kein Mathe" schlichtweg falsch ist. Dennoch: Beim Bundeswettbewerb Mathematik haben nur rund 30 Prozent Mädchen teilgenommen, bei Jugend forscht waren es im Fachgebiet Mathematik/Informatik sogar nur rund 20 Prozent. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Jessica Fintzen: Nein. Diese Frage wird sehr oft gestellt, und ich bin erstaunt über die hohe Anzahl von Mädchen, die Sie da nennen. Ich hatte den Eindruck, dass es bei den Wettbewerben, an denen ich teilgenommen habe, oftmals sogar weniger als 20 Prozent waren. Warum das so ist, dazu gibt es viele Hypothesen: So zum Beispiel, dass es an der Einstellung unserer Gesellschaft liegt, wonach Mädchen und Mathematik nicht zusammenpassen. Und das ist dann die Ursache, weshalb es sich viele Mädchen dann letztlich nicht zutrauen, sich mit dem Fach zu beschäftigen.

Alumni News: Haben Sie eine Idee, wie die Schule oder auch die Bildungspolitiker das ändern könnten?

Jessica Fintzen: Auf Anhieb nicht. Ich denke eher, es sollte von alleine passieren.

Alumni News: Was motiviert Sie, sich in Ihren Lieblingsdisziplinen - und dazu gehört ja auch Ihr Hobby, das Leistungsturnen - in Wettbewerben anzutreten? Ist es der Reiz, sich mit anderen zu messen, der Wettkampfgedanke?

Jessica Fintzen: Mich reizt es, meine Fähigkeiten zu testen, mich mit anderen zu messen und dabei die eigenen Grenzen kennenzulernen. Nichtsdestoweniger bieten einem Wettbewerbe die Möglichkeit, viele neue Freundschaften zu schließen.

Alumni News: Den Bundessieg bei Jugend forscht haben Sie gemeinsam mit zwei jungen Nachwuchswissenschaftlern gewonnen: Malte Lackmann geht in Neumünster zur Schule, Andreas Decker kommt aus Vechta und studiert in Bonn. Wie kam es zu diesem gemeinsamen Projekt und wie hat die Zusammenarbeit trotz der räumlichen Distanz funktioniert?

Jessica Fintzen: Wir haben uns beim Mathematik-Teamwettbewerb Baltic Way der Ostsee-Anrainerstaaten kennengelernt, wo wir drei zusammen mit einer weiteren Teilnehmerin Norddeutschland vertreten haben. Bei einem privaten Nachtreffen kam uns dann die Idee, doch gemeinsam an Jugend forscht teilzunehmen, und das haben wir dann umgesetzt. Um das Projekt durchzuführen, haben wir uns mehrmals bei mir getroffen und "geforscht". Die Ergebnisse haben wir anschließend zu Hause aufgeschrieben und per E-Mail zusammengefügt, überarbeitet und ergänzt.

Alumni News: Sie haben sich jetzt für ein Studium an der Jacobs University in Bremen entschieden. Warum haben Sie sich gerade diese Universität ausgesucht?

Jessica Fintzen: Weil es eine kleine Universität ist. Das bedeutet, dass wir in den Vorlesungen nicht mehr als 10 bis 20 Studenten sind. Da herrscht eine sehr gute Lernatmosphäre, und die Professoren kennen alle ihre Studenten. Darüber hinaus gibt es hier sehr gute und motivierte Kommilitonen, da die Jacobs University ihre Studenten vorher auswählt. Ferner lerne ich sehr viel Englisch, da in dieser Sprache gelehrt wird. Dies hat im Übrigen zur Folge, dass man an der Jacobs University junge Leute aus der ganzen Welt trifft. Das ist noch ein weiterer spannender Aspekt.

Alumni News: Wie sind Ihre ersten konkreten Erfahrungen mit Ihren Studienfächern, nachdem die ersten acht Wochen des Semesters hinter Ihnen liegen?

Jessica Fintzen: Es gibt sehr viel Arbeit. Aber es macht auch sehr viel Spaß, und das Tempo in den Vorlesungen scheint schneller zu sein, als das an manchen anderen deutschen Universitäten der Fall ist.

Alumni News: Und nach dem Studium - geht es dann in die Wirtschaft oder werden Sie der Wissenschaft treu bleiben?

Jessica Fintzen: Das weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

Alumni News: Liebe Frau Fintzen, wir danken Ihnen für das Gespräch.


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