Preisgekrönte Mathematikerin

Stiftung Jugend forscht e. V. | 2023

Jessica Fintzen – Bundessiegerin im Fachgebiet Mathematik/Informatik 2008

Johannes Kepler, Gottfried Wilhelm Leibniz, Carl Friedrich Gauß – Spitzenmathematiker in Deutschland waren bislang vor allem Männer. Nun macht sich Jessica Fintzen auf den Weg, dies zu ändern. Die 34-Jährige promoviert in Harvard, lehrt anschließend in Cambridge, ist heute Professorin an der Universität Bonn und hat bereits zahlreiche Preise gewonnen.

Von der Mathematik-Olympiade zu Jugend forscht

Jessica Fintzen begeistert sich schon als Schülerin für Mathematik. An ihrer Schule in Quickborn bei Hamburg teilen ihre Mitschülerinnen und Mitschüler diese Begeisterung allerdings nicht. Gut, dass es Wettbewerbe, wie die Mathematik-Olympiade gibt. Hier kann sich die begabte junge Mathematikerin nicht nur fachlich ausleben, sie lernt auch andere Jugendliche kennen, die ihre Leidenschaft teilen. Auf dem internationalen Baltic Way Mathematical Team Contest – an dem sie aufgrund ihrer Erfolge bei der Mathematik-Olympiade teilnimmt – lernt sie Malte Lackmann aus Neumünster und Andreas Decker aus dem niedersächsischen Vechta kennen. Gemeinsam entscheiden sie, ein Jugend forscht Projekt zu starten. „Mal eine selbst formulierte Forschungsaufgabe bearbeiten und stundenlang zusammen mit Freunden im Zimmer sitzen und gemeinsam tüfteln“, schwärmt die Schülerin. Und so entsteht ein bundesländerübergreifendes Projekt – noch lange bevor Videokonferenzen zum Alltag gehören. 

Im Jahr 2008 nehmen Jessica Fintzen, Malte Lackmann und Andreas Decker mit dem Projekt „Ford-Kreise“ bei Jugend forscht teil. Ford-Kreise entstehen, wenn man Kreise nach bestimmten Regeln anordnet. In ihrer Forschungsarbeit untersuchen die Jungforschenden die entstehenden Strukturen. Dies gelingt ihnen so gut, dass sie gleich bei ihrer ersten Teilnahme bei Deutschlands bekanntestem Nachwuchswettbewerb ins Bundesfinale einziehen. Und nicht nur das: Sie gewinnen den ersten Preis und damit den Bundessieg im Fachgebiet Mathematik/Informatik! Grund genug im Jahr 2009 wieder mitzumachen, diesmal allerdings in einem Zweierteam. Jessica Fintzen und Malte Lackmann gehen mit dem Projekt „Conway-Zahlen“ im Fachgebiet Mathematik/Informatik an den Start, für das sie erneut beim Bundeswettbewerb ausgezeichnet werden. In dem Projekt beschäftigen sie sich mit der Spieltheorie und erforschen diese in einem unendlichen Zahlenraum. 

Spitzenforschung in Deutschland, den USA und Großbritannien

Jessica Fintzen ist in allen Schulfächern eine hervorragende Schülerin, wie ihre Abiturnote von 1,0 bestätigt. Ihre Leidenschaft gilt allerdings der Mathematik und der Physik. Sie beginnt in beiden Fächern ein Studium an der Jacobs University in Bremen und macht ebenfalls in beiden Fächern im Jahr 2011 den Bachelor. Im Anschluss bewirbt sie sich an den sechs besten Universitäten der USA um ein Promotionsstudium in Mathematik, was in den USA auch ohne Master möglich ist. Und was sie selbst kaum glauben kann: Jessica Fintzen erhält eine Zusage – von allen sechs Universitäten. Sie entscheidet sich für die renommierte Harvard University. Dort kann sie nun mit den besten Doktoranden der Welt gemeinsam forschen. An der renommierten Hochschule bei Boston findet sie ein Umfeld und eine Atmosphäre vor, die sie begeistern. 2016 promoviert sie in Harvard mit einer Forschungsarbeit im Bereich der Darstellungstheorie.

Nach der Promotion forscht und lehrt Jessica Fintzen an einigen der besten Universitäten der USA und Großbritanniens: Sie erhält Postdoc-Anstellungen an der University of Michigan, am Institute for Advanced Study in Princeton und am Trinity College in Cambridge. Im Jahr 2020 beginnt sie als Assistenzprofessorin an der University of Cambridge sowie an der Duke University in Durham, USA und erhält ein Forschungsstipendium von der Royal Society in England. Das „Royal Society University Research Fellowship“ wird an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler vergeben, die das Potenzial haben, auf ihrem Gebiet führend zu werden  Im Jahr 2022 erhält sie den Ruf aus Bonn und wechselt als ordentliche Professorin an die Universität Bonn. Nach so vielen Jahren im Ausland plötzlich wieder nach Deutschland? „Es ist mir eher schwergefallen, das Leben als deutsche Forscherin im Ausland aufzugeben“, sagt Jessica Fintzen rückblickend. „Aber in Bonn gibt es die besten Bedingungen für meine Forschung.“ Grund dafür ist das Hausdorff Center for Mathematics, ein Excellenzcluster der Universität, das – laut einer anerkannten Studie – die beste Adresse für mathematische Forschung in Deutschland ist. In diesem wissenschaftlich hochkarätigen wie auch internationalen Umfeld forscht Jessica Fintzen nun zusammen mit so bekannten Namen wie dem Fields-Medaillen-Gewinner Peter Scholze.

Jessica Fintzen ist zweifellos eine begabte Mathematikerin und Forscherin. Das zeigt sich nicht nur in ihren beruflichen Positionen, sie gewinnt auch zahlreiche Preise: So wird sie mit dem Promotionspreis der „Association of Women in Mathematics“, dem Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis der Studienstiftung des Deutschen Volkes und dem Whitehead-Preis der London Mathematical Society ausgezeichnet. Ebenso erhält sie den renommierten Frank Nelson Cole Prize in Algebra 2024. „Da der Preis nur alle drei Jahre weltweit und altersunabhängig vergeben wird, ist die Auszeichnung wirklich eine sehr große Ehre und auch ein riesiger Ansporn für mich”, sagt Jessica Fintzen. 

Begeisterung und Hindernisse

Als Mathematikerin genießt sie einen abwechslungsreichen Berufsalltag. „Ich hätte nicht gedacht, wie viel man reist und wie viele interessante Menschen man kennenlernt“, berichtet Jessica Fintzen. Sie ist begeistert von dem internationalen Umfeld und der Expertise an den Universitäten. Ihre Forschung vergleicht sie mit Ausdauersport. Als Mathematikerin in der Forschung brauche man ebenfalls sehr viel Durchhaltevermögen. Was sie motiviert: „Es ist ein unglaubliches Gefühl, einen Beweis gefunden zu haben. Etwas, das keiner mehr widerlegen kann.“

Als Karrierehindernis empfindet sie den Umstand, dass Frauen in der Mathematik so sehr unterrepräsentiert sind. „Das macht es Mathematikerinnen häufig nicht leicht“, sagt Jessica Fintzen. Bereits während des Studiums muss sie erleben, dass sie als Mathematikerin nicht ernst genommen wird und auch heute erfährt sie trotz zahlreicher Erfolge und einer beachtlichen Karriere als Frau in der Wissenschaft immer wieder mangelnden Respekt. Daher ist es ihr wichtig, alltägliche Diskriminierungen klar anzusprechen und so ein Bewusstsein für diese Problematik zu schaffen. Und ihre persönlichen Erfahrungen sind auch der Grund, warum sie sich als Mentorin von jungen Mathematikerinnen engagiert und Vernetzungsangebote organisiert.

Jessica Fintzen ist aber nicht nur Vorbild und Top-Athletin in der Mathematik, sie ist auch seit ihrer Jugend passionierte Turnerin. Wenn Jessica Fintzen den Kopf frei bekommen will, dann geht sie turnen. Ein Glück, dass es an den meisten Universitäten auch ein Turnteam gibt.


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