Jugend forscht mit Big Band und Orchester

Stiftung Jugend forscht e. V. | 2015

Peter Ruzicka – Bundessieger Physik 1968

Peter Ruzicka

Jugend forscht ist bestrebt, für Deutschland Nachwuchsförderung in den Naturwissenschaften zu betreiben. Schließlich ruft Henri Nannen den Wettbewerb 1965 unter dem Motto "Wir suchen die Forscher von morgen!" aus, um ein bestehendes Defizit in eben jenem Bereich zu beheben. Kein Wunder, dass sich der Erfolg des Wettbewerbs noch heute, 40 Jahre später, daran messen lassen muss, wie viele der ehemaligen Teilnehmer den Naturwissenschaften wirklich treu geblieben sind.

Eine Geschichte wie die von Peter Ruzicka müsste nach diesen Maßstäben als peinlicher Misserfolg gelten und hastig unter den Tisch gekehrt werden. Obwohl der damals 19-Jährige 1968 Bundessieger im Fachgebiet Physik wird, verschreibt er weder sein Leben der Naturwissenschaft noch wird er Ingenieur. So gesehen ist die eigentliche Mission des Wettbewerbs im Falle Peter Ruzickas gescheitert. Eine andere These findet die Stiftung Jugend forscht e. V. jedoch durch diese Geschichte bestätigt: Selbst wenn die jungen Forscher den Naturwissenschaften verloren gehen, ist ihr weiterer Lebensweg zumeist überaus interessant, erfolgreich und einer näheren Betrachtung wert.

Vielleicht hätte man es ahnen können: Peter Ruzicka tritt mit einer Arbeit zur "Neuen Theorie der progressiven funktionalen Abhängigkeit der Konsonanten-Schwingungsproportionen aufgrund binauraler Hörversuche" an. Trotz des physikalischen Hintergrundes ist in dieser Arbeit die Musik im wahrsten Sinne des Wortes tonangebend. Das klangvolle Projekt beeindruckt die Jury, qualifiziert Peter Ruzicka für die Teilnahme am "International Science Fair" in Detroit, USA und deutet auf die spätere Karriere des Gewinners hin. Die Akustik hat es ihm angetan, wenn auch auf einer viel praktischeren Ebene, als es der hochgradig komplexe Titel vermuten lässt. Peter Ruzicka wird Komponist.

Im Jahr seiner Wettbewerbsteilnahme hat er seine musikalische Ausbildung freilich bereits beendet. Bis 1968 erhält er am Hamburger Konservatorium eine instrumentale und theoretische Ausbildung in Klavierspiel, Oboe und Kompositionstheorie. Es schließen sich Kompositionsstudien bei Hans Werner Henze und Hans Otte an. Beide, so Ruzicka heute, prägen und begleiten seine Entwicklung als Komponist und Künstler ganz entscheidend. Trotzdem hält er es für wichtig, sich letztlich von diesen Einflüssen zu lösen, um ein eigenständiges musikalisches "Ich" zu entwickeln. Dies gelingt ihm schon als Zwanzigjähriger: In seinem "Jugend forscht Concerto '69" versucht er nicht nur, die Idee des Wettbewerbs auf Notenpapier zu transportieren, sondern auch eine "kompositionstechnische Neuerung und stilistische Bereicherung der musikalischen Aussage" zu erzielen. Das neunminütige Werk für Big Band und großes Orchester wird auf dem Bundeswettbewerb 1969 uraufgeführt.

Dass sich naturwissenschaftliches Talent, Interesse für Recht und Gesetz sowie musische Begabung nicht ausschließen, beweist das Leben von Peter Ruzicka. Obwohl er sich bereits vollständig der Musik verschrieben hat, studiert er in Hamburg, Berlin und München Jura, und promoviert 1977 – wie sollte es anders sein – mit einer interdisziplinären Arbeit über das "ewige Urheberpersönlichkeitsrecht". Was folgt ist eine Künstler- und Intendanten-Karriere im Schnelldurchlauf. Für seine Kompositionen erhält er zahlreiche Preise und Auszeichnungen, seine Werke werden von führenden Orchestern und Ensembles wie den Berliner Philharmonikern, dem Philharmonia Orchestra London und dem New York Philharmonic Orchestra aufgeführt. Seine Oper CELAN erlebt 2001 ihre Uraufführung an der Semperoper Dresden. Als Dirigent leitet Peter Ruzicka unter anderem das WDR-Sinfonieorchester Köln und ist an der Tschechischen Philharmonie, am Orchestre symphonique de Montréal sowie am China Philharmonic Orchestra tätig.

Neben seinen Leistungen als Komponist und Dirigent ist Peter Ruzicka in lehrender und leitender Position aktiv. Seit 1990 wirkt er als Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und von 1988 bis 1997 ist er in der Hansestadt Intendant der Staatsoper sowie des Philharmonischen Staatsorchesters. 1996 übernimmt er die künstlerische Leitung der Münchener Biennale und im Jahr 2001 der Salzburger Festspiele.

Auch wenn Peter Ruzicka seine Jugend forscht Teilnahme heute aufgrund der fehlenden sachlichen Zusammenhänge zu seinem jetzigen Tätigkeitsbereich dem "anekdotischen Bereich seiner Schulzeit" zuordnet – missen möchte er die Erfahrung nicht. Außerdem ist er sich sicher, dass Jugend forscht zu den "wichtigsten wissenschaftspolitischen Innovationen in Deutschland" zählt. So gesehen kann man auf diesen Ehemaligen doch wirklich stolz sein. Auch wenn er nicht Naturwissenschaftler geworden ist.


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