Daniel Schütz – vom Jungforscher zum Biologiestudenten ohne Abitur

Jugend forscht Alumni News | Januar 2009

Insgesamt elfmal nahm der heute 24-Jährige am Wettbewerb Jugend forscht teil. Er gewann Preise auf Landes- und Bundesebene. Seit diesem Wintersemester studiert Daniel Schütz Biologie an der Universität Kiel – und das ohne Abitur

Das Fach Latein hatte den Bayern zunächst aus seiner schulischen Laufbahn geworfen. Doch er ließ sich nicht beirren, absolvierte gleich zwei Ausbildungen und konnte auf diese Weise dennoch studieren. Heute ist Daniel Schütz das jüngste Mitglied der Biologie-Jury im Bundesland Bremen. Zudem ist er als Berater der aktuellen Jungforscher im Online-Forum von Jugend forscht aktiv.

Alumni News: Herr Schütz, bereits im ersten Jahr Ihrer Teilnahme bei Jugend forscht haben Sie den Umwelttechnik-Sonderpreis beim Regionalwettbewerb Oberfranken gewonnen. Wie sind Sie damals zu diesem ersten Jugend forscht Projekt gekommen?

Daniel Schütz: Zunächst einmal hatte ich nur relativ wenig Interesse an der Biologie, die heute mein Steckenpferd ist. Meine Leidenschaft galt vielmehr dem Zeichnen. Im Biologieunterricht mussten wir dann Zeichnungen von Insekten anfertigen. Als mein damaliger Lehrer die sah, fragte er mich, ob ich nicht Lust hätte, am Wettbewerb Jugend forscht teilzunehmen. Ich wusste zum damaligen Zeitpunkt zwar nicht viel darüber, was mein Lehrer mir erzählte, hörte sich aber interessant an. Ich habe dann mit dem Projekt „Fütterungsversuche beim Kartoffelkäfer“ 1997 erstmals am Wettbewerb teilgenommen. Die Arbeit befasste sich mit dem Schadfraß, der durch diese Insekten verursacht wird.

Alumni News: Sie haben das Gymnasium bereits in der 7. Klasse wieder verlassen. Was war der Grund?

Daniel Schütz: Das Problem war eindeutig Latein, mit dem ich nicht zurechtkam. Wegen einer schweren Erkrankung hatte ich in der 6. Klasse Fehlzeiten von mehr als vier Monaten und musste dadurch vor allem in diesem Fach viel nachholen. Schon vor Ende des Halbjahres war es dann abzusehen, dass ich die 7. Klasse hätte wiederholen müssen. Und da ich das unbedingt vermeiden wollte, bin ich auf die Realschule gewechselt.

Alumni News: Und wie waren dann Ihre Erfahrungen auf der Realschule?

Daniel Schütz: In derselben Klassenstufe waren die Niveauunterschiede zwischen Gymnasium und Realschule für mich zunächst erschütternd. Manche Dinge, die ich bereits in der fünften Klasse auf dem Gymnasium gelernt hatte, wurden auf der Realschule erst in Klasse sieben oder acht behandelt. Auch die Unterstützung und das Engagement der Lehrer waren dort nicht in dem Maße vorhanden, wie ich es vom Gymnasium her kannte. Ich habe daher ab meiner zweiten Teilnahme alle Jugend forscht Projekte ohne Betreuungslehrer und ohne schulische Unterstützung angefertigt.

Alumni News: Sie sind Jugend forscht über zehn Jahre als Teilnehmer treu geblieben. Was hat Sie in dieser Zeit besonders motiviert? Von wem, wenn nicht von Ihren Lehrern, wurden Sie unterstützt?

Daniel Schütz:
Die Motivation zu weiteren Teilnahmen am Wettbewerb resultierte überwiegend aus den positiven Erfahrungen, die ich im Rahmen der Wettbewerbstage gemacht habe. Dort habe ich neue Freunde gefunden, alte wiedergetroffen, gute Gespräche geführt und eine tolle Zeit gehabt. Doch auch die stetig wachsende Freude am Forschen war ein Anreiz weiterzumachen. Meine Eltern haben mich stets gefördert. Erst bei meinen letzten Teilnahmen 2005 und 2006 habe ich eine starke vor allem emotionale Unterstützung durch meine berufsfachschulischen Ausbilder erhalten.

Alumni News: Ihre größten Erfolge konnten sie bei Ihren letzten Teilnahmen bei Jugend forscht erzielen: Auf Bundesebene wurden Sie 2004 mit dem „Werner Rathmayer-Preis“ der Deutschen Zoologischen Gesellschaft für eine originelle Arbeit aus dem Bereich Zoologie ausgezeichnet. Zwei Jahre später haben Sie den 3. Preis im Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften gewonnen. Welche Bedeutung haben diese beiden Auszeichnungen für Sie?

Daniel Schütz: Das ist nicht ganz einfach zu erklären. Zunächst einmal bin ich – wie jeder andere es wohl auch wäre – stolz darauf. Die Auszeichnungen bestärkten mich in meiner Absicht, ein Studium aufzunehmen. Und auf dem Weg dorthin haben sie mich motiviert. Darüber hinaus war mit der Verleihung des „Werner Rathmayer-Preises“ auch eine Einladung zur Jahrestagung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft verbunden. Dort konnte ich Einblicke in wichtige aktuelle wissenschaftliche Fragestellungen und Arbeitsweisen gewinnen. Über den 3. Preis beim Bundesfinale 2006 habe ich mich besonders gefreut, da dies seinerzeit für mich die letzte Chance war, auf der höchsten Wettbewerbsebene eine Platzierung zu erringen. Ferner habe ich den Preis als Möglichkeit gesehen, mich bei meiner damaligen Ausbildungsstelle, der Landesgewerbeanstalt Nürnberg, zu bedanken. Im Hinblick auf meine Wettbewebsteilnahmen wurde ich dort umfassend unterstützt und daher bin ich ihr auch heute noch sehr verbunden.

Alumni News: Die beiden erwähnten Arbeiten haben Sie in ganz unterschiedlichen Fachgebieten angemeldet: in Biologie sowie in Geo- und Raumwissenschaften. Das klingt ungewöhnlich. Können Sie uns das erläutern?

Daniel Schütz:
Die meisten meiner Jugend forscht Projekte hatten einen biologischen Hintergrund: Von insgesamt elf Arbeiten in zehn Jahren habe ich acht im Fachgebiet Biologie eingereicht. Die Tatsache, dass ich mit meinem letzten Projekt in Geo- und Raumwissenschaften gestartet bin, kann letztlich nicht verwundern, ging es doch um Fossilien, ihre systematische Stellung und Stammesgeschichte. Da dieses paläontologische Thema sowohl geologische als auch biologische Elemente enthält, habe ich mich dafür entschieden, die Arbeit im Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften einzureichen.

Alumni News: Beide Auszeichnungen haben Sie nach Ihrer Zeit als Realschüler erhalten. Heute studieren Sie Biologie im ersten Semester an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Wie ist Ihnen ohne Abitur der Sprung an die Uni gelungen?

Daniel Schütz: In einigen Bundesländern, so auch in Schleswig-Holstein, gibt es für beruflich Qualifizierte ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung die Möglichkeit, eine studienfachgebundene Berechtigung zu erlangen. Durch meine zweijährige Tätigkeit als biologisch-technischer Assistent an der Biologischen Anstalt Helgoland konnte ich eine der Voraussetzungen für diese alternative Zulassung zum Studium vorweisen: nämlich eine mindestens zweijährige Berufstätigkeit in einem dem angestrebten Studiengang verwandten Ausbildungsberuf. Allerdings sind weitere Anforderungen zu erfüllen. So musste ich auch mindestens gute Leistungen in den Ausbildungszeugnissen der Berufsfachschule vorweisen.

Alumni News:
War Ihre Aufnahme an die Universität in Kiel damit perfekt?

Daniel Schütz: Nein, nach Erfüllen dieser formalen Eingangskriterien habe ich noch eine Einladung zu einer überwiegend mündlichen, teilweise auch schriftlichen Prüfung bekommen, bei der ich sowohl Allgemein- als auch Fachwissen unter Beweis stellen musste. Die etwa einstündige Prüfung beinhaltete Fragen aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, aus Mathematik, Physik sowie aus vielen Bereichen der Biologie. Das Prüfungsgremium hat mir schließlich die fachbezogene Hochschulzulassung mit einer Note von 1,15 zugesprochen. Damit konnte ich mich dann regulär an der Christan-Albrechts-Universität bewerben, und ich habe zum Wintersemester mit dem Studium begonnen.

Alumni News:
Was sind Ihre frischen Eindrücke vom Studium nach dem ersten Semester?

Daniel Schütz:
Generell erfüllt das Studium meine Erwartungen. In den ersten Semestern gibt es zwar mehr fachfremde als fachbezogene, also biologische, Fächer, aber das geht vorbei. Aus Gesprächen mit Kommilitonen aus höheren Semestern, die sowohl das alte Diplom- als auch das neue Bachelor/Master-System kennen, weiß ich, dass viele mit dem neuen Modell unzufrieden sind. Diese Unzufriedenheit kann man zwischen den Zeilen auch bei einigen Professoren heraushören.

Alumni News: Denken Sie, dass Sie in mancher Hinsicht einen Vorteil gegenüber jüngeren Kommilitonen haben, die direkt nach dem Abitur ins Studium gegangen sind? Und gibt es auch Nachteile?

Daniel Schütz: Grundsätzlich habe ich aufgrund meiner beiden Ausbildungen – vor der Ausbildung zum biologisch-technischen Assistenten habe ich noch eine Ausbildung zum museumstechnischen Assistenten absolviert – den großen Vorteil, dass mir Vieles schon geläufig ist, was die meisten meiner Kommilitonen zum ersten Mal hören. Ferner habe ich das Glück, dass mir einige wenige Übungen und Praktika aus meinen beiden praktischen Ausbildungen anerkannt werden. Auf diese Weise werden die Arbeitsbelastung und damit der Zeitdruck vor allem in höheren Semestern geringer ausfallen. Nachteile sind mir bislang glücklicherweise nicht bekannt.

Alumni News: Sie sind Jugend forscht auch jetzt noch eng verbunden, betreuen seit über einem Jahr das „Forum für Jungforscher“ auf der Jugend forscht Website und engagieren sich als Juror beim Landeswettbewerb in Bremen. Warum ist Ihnen diese Arbeit so wichtig?

Daniel Schütz: Zunächst möchte ich heutige Teilnehmer bei ihrer Arbeit unterstützen und etwas von dem zurückgeben, was ich von Jugend forscht bekommen habe. Zudem macht mir diese Arbeit großen Spaß. Leider kann ich ja nicht mehr als Teilnehmer dabei sein.

Alumni News:
Wie können „frische“ oder auch erfahrene Jungforscher vom Forum profitieren?

Daniel Schütz: Meist chaten wir, die Forum-Community, mit Jugend forscht Neulingen, die Fragen zum Ablauf des Wettbewerbs oder zum Verfassen der schriftlichen Arbeit haben. Aber selbstverständlich können auch erfahrene Jungforscher von uns aktiven Forumsteilnehmern profitieren, wenn sie beispielsweise Tipps zur Sponsorensuche für kostspielige Jugend forscht Projekte haben möchten oder nicht wissen, wo sie für Forschungsvorhaben Unterstützung finden können. Für meine Begriffe haben wir aber noch immer viel zu wenige Besucher und wir freuen uns über jeden weiteren, der dazukommt. Interessenten finden uns übrigens unter www.jugend-forscht.de/forum.

Alumni News:
Herr Schütz, Sie sind vielfacher Teilnehmer, Preisträger beim Bundeswettbewerb, Betreuer des offiziellen Jugend forscht Forums – und seit letztem Jahr können Sie bei Jugend forscht noch auf einem weiteren Gebiet Erfahrung sammeln: Sie sind in den Kreis der Juroren aufgenommen worden. Wie war das für Sie, nun selbst Juror beim Landeswettbewerb zu sein?

Daniel Schütz: Es war wirklich eine sehr interessante Erfahrung, einmal die „andere“ Seite kennenzulernen. Als Teilnehmer macht man sich eigentlich keine Gedanken, wie viel Organisationsaufwand für einen reibungslosen Ablauf des Wettbewerbs erforderlich ist, und auch nicht darüber, wie erbittert die Jury oftmals um eine Entscheidung und die Verteilung der zu vergebenden Preise ringt. Das habe ich mir so als Teilnehmer niemals vorgestellt.

Alumni News:
Abschließend noch ein Wort zu der eigenen Homepage, die Sie betreiben. Wen und was möchten Sie mit www.biostudies.de erreichen?

Daniel Schütz:
biostudies.de ist eine Infoseite zum Biologiestudium mit angeschlossenem Blog. Sie soll vor allem Wissen aus den Vorlesungen, die ich zurzeit besuche, aber auch andere Schwerpunktthemen der Biologie möglichst einfach und kompakt darstellen. Ich habe die Website geschaffen, weil gebündelte Beschreibungen biologischer Sachverhalte und Informationen zum genauen Ablauf des Biologiestudiums für Außenstehende nur schwer zu finden sind. Falls diese überhaupt im World Wide Web vorhanden sind, dann über viele Seiten verstreut und man muss sie sich mühsam zusammenklauben. Leider werde ich – so wie es momentan aussieht – in erster Linie nur in den Semesterferien und am Anfang des Semesters dazu kommen, biostudies.de zu aktualisieren.

Alumni News:
Lieber Herr Schütz, wir danken Ihnen für das Gespräch.


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