Dr. Oliver Trapp erhält den Heinz Maier-Leibnitz-Preis

Stiftung Jugend forscht e. V. | April 2008

Wie das Präsidium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) am 14. März 2008 bekannt gegeben hat, erhält der Chemiker Dr. Oliver Trapp (34) den mit 16.000 Euro dotierten Heinz Maier-Leibnitz-Preis. Bei der Auszeichnung handelt es sich um den wichtigsten deutschen Preis für Nachwuchsforscher. Der 34-Jährige ist der erste Forscher des Max-Planck-Instituts in Mülheim/Ruhr, dem dieser Preis verliehen wurde

Oliver Trapp wurde 1992 Jugend forscht Bundessieger im Fachgebiet Chemie. In seinem preisgekrönten Projekt befasste er sich damals mit Schwermetallen in Hefeenzymen. Heute sucht der gebürtige Göppinger nach Katalysatoren, die Energiehaushalte von Treibstoffen erhöhen oder sogar neue Treibstoffe erschließen können. Dafür hat er ein Verfahren entwickelt, das die traditionelle chemische Analyse mit moderner Informationstechnologie verbindet. Diese bahnbrechende Idee entwickelte er vor etwa fünf Jahren bei einem Forschungsaufenthalt an der Stanford University in Kalifornien.

Interview der „Jugend forscht Alumni News“ mit dem Preisträger

Alumni News: Herr Dr. Trapp, Sie haben den höchsten deutschen Preis für Nachwuchsforscher, den Heinz Maier-Leibnitz-Preis, erhalten. Was bedeutet Ihnen diese Ehrung?

Trapp: Für mich ist diese Auszeichnung eine besondere Würdigung und Anerkennung meiner Forschungsarbeit, die ich den vergangenen Jahren vorangetrieben habe. Zugleich bedeutet sie einen Ansporn, meine Forschungsziele weiterzuverfolgen, neue Ideen zu entwickeln und auch wieder Neues auszuprobieren, das über die Grenzen unseres aktuellen Wissens hinausgeht.

Alumni News: Können Sie uns kurz erläutern, worum es bei Ihrem nun ausgezeichneten Forschungsprojekt geht und was das Besondere daran ist?

Trapp: Bei dem Forschungsprojekt geht es darum, in kürzester Zeit möglichst viele Reaktionen zu analysieren. Dies ist insbesondere wichtig, um neue effiziente Katalysatoren zu finden. Häufig ist es so, dass selbst bei einfachen Prozessen komplexe Reaktionsgemische auftreten, die durch eine chromatografische Trennung in die einzelnen Komponenten zerlegt und auf diese Weise analysiert werden können. Das eigentliche Ziel ist die Maximierung der Information und Minimierung der Analysezeit. Dies wird derzeit durch parallelisierte Techniken realisiert, allerdings gibt es dabei limitierende Faktoren wie hohe Kosten für Geräte, Laborplatz und Wartung.

Ich habe hier einen völlig neuen Weg eingeschlagen, bei dem ich Informationstechnologie mit der chemischen Analyse verbinde. Konkret verwende ich Barcodes, um Proben in einem bestimmten Muster in ein Trennsystem zu injizieren. Dabei überlagern diese Verbindungen und man erhält nicht mehr ein einzelnes Chromatogramm, sondern viele überlagernde Chromatogramme, die durch einen von mir entwickelten Algorithmus mathematisch zerlegt werden können.

So können zum Beispiel anstelle von 12 Proben insgesamt 453 Proben pro Stunde auf einem Gerät analysiert werden. Das bedeutet, es ist möglich, auch völlig andere Untersuchungen in kürzester Zeit durchzuführen, insbesondere kinetische Daten – also die Geschwindigkeit einer Reaktion – können erfasst werden. Ganz allgemein konnte ich zeigen, dass Multiplexing – das diskrete Mischen von Signalen und deren mathematische Trennung – nicht nur zur Verbesserung von Signalintensitäten verwendet werden kann, sondern auch zur Steigerung des Probendurchsatzes.

Ein weiteres meiner Forschungsprojekte beschäftigt sich mit der Integration von Reaktion und Trennung in einem Schritt, um ebenfalls Reaktionen auf molekularer Ebene zu untersuchen. Hier gelang es, bei 5880 Reaktionen anhand der Hydrierung ungesättigter Verbindungen an Palladium Nanopartikel in nur 40 Stunden zu untersuchen.

Alumni News: Das klingt spannend und extrem schwierig. Wie waren denn die Reaktionen in Ihrem Umfeld, am Max-Planck-Institut in Mülheim/Ruhr und in Ihrer alten Heimat in Bad Boll, dass Ihnen dieser wichtige Wissenschaftspreis zuerkannt wurde?

Trapp: Bereits zwei Stunden nachdem ich das Glückwunschschreiben des Präsidenten der DFG erhalten hatte, stand das Telefon nicht mehr still. Ich bekam Anrufe mit Glückwünschen aus der ganzen Bundesrepublik und dann auch mit einer Verzögerung von etwa acht Stunden Anrufe und E-Mails von Freunden und Kollegen aus den USA, was zeigt, dass dieser Preis auch international wahrgenommen wird. Hier am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung hat man sich über diese Auszeichnung sehr gefreut und wir haben darauf gebührend angestoßen. Und die Lokalzeitung meiner alten Heimatstadt veröffentlichte einen sehr schönen Artikel.

Alumni News: Auf welche weiteren Highlights können Sie in Ihrer wissenschaftlichen Karriere bereits zurückblicken?

Trapp: In meiner Doktorarbeit konnte ich einige fundamentale Fragestellungen zur Umwandlung von Stereoisomeren klären. Insbesondere konnte ich die Rechenzeiten für die Bestimmung von Geschwindigkeitskonstanten drastisch verkürzen – von ursprünglich etwa 800 Jahren zur Auswertung von 2000 Experimenten unter Verwendung eines Großrechners auf nur noch 10 Sekunden mittels einer direkten Berechnung, die vorher unlösbar erschien. Dafür wurde ich mit dem Dissertationspreis der Universität Tübingen ausgezeichnet.

Mit einem Emmy Noether-Stipendium der DFG, das mir finanzielle Unabhängigkeit verschaffte, ging ich dann nach Stanford, um die Hadamard-Transform-Flugzeitmassenspektrometrie aufzubauen. In dieser Zeit erhielt ich den Preis der Fachgruppe Analytische Chemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Seit meiner Rückkehr an das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung folgten dann für meine neuen Arbeiten, die auch in Science und Nature veröffentlicht wurden, weitere Auszeichnungen, wie die Förderung meiner Nachwuchsgruppe durch das Emmy Noether-Programm der DFG. Darüber hinaus erhielt ich den „Thieme Journal Award“, den „Merck Research Laboratories Grant Award“ und den „Habilitationspreis der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Universitätsprofessoren für Chemie“. Außerdem wurde ich in das Junge Kolleg der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften aufgenommen.

Alumni News: Spielt Ihr Bundessieg bei Jugend forscht vor 16 Jahren in Ihrer Karriere noch eine Rolle?

Trapp: Der Bundessieg bei Jugend forscht beeindruckt auch heute noch, wenn ich beispielsweise bei Gastvorträgen vorgestellt werde. Viel wichtiger für mich ist aber etwas, was ich durch meine Jugend forscht Teilnahme zu einem sehr frühen Zeitpunkt gelernt habe: Nämlich ein Problem zu lösen, Phänomene zu erkennen, diese zu interpretieren und anderen zu erklären.

Alumni News: Beim Bundeswettbewerb von Jugend forscht haben Sie seinerzeit mit einer Forschungsarbeit überzeugt, die sich mit der Anbindung von Schwermetallen in Hefeenzymen befasst. Haben Sie das Thema weiterverfolgt? Hat sich daraus etwas entwickelt, eine Patentanmeldung vielleicht?

Trapp: Ich habe dieses Thema in der Folgezeit noch weiterverfolgt und zahlreiche Messungen durchgeführt. Das Verfahren habe ich aber nie patentieren lassen. Es bestand zwar ein großes Interesse an diesem Projekt, allerdings ist meine Erfahrung, dass solche Verfahren gerade im Umweltbereich erst dann angewendet werden, wenn ein Zwang zum Handeln besteht.

Alumni News:
War die Chemie auch schon während der Schulzeit Ihr absolutes Lieblingsfach? Und was hat besonders dazu beigetragen, dass Sie dieses Fach damals für sich entdeckt haben?

Trapp: Chemie war immer mein Lieblingsfach, wie auch die anderen naturwissenschaftlichen Fächer. Mein Interesse für die Chemie wurde sehr früh geweckt. Begonnen hat eigentlich alles mit dem Sammeln von Kristallen auf Wanderungen, der Untersuchung von Moosen und Pflanzen sowie der Extraktion der Blattfarbstoffe. In den 1980er Jahren, also während meiner Grundschulzeit, war der saure Regen ein großes Thema. Damals habe ich angefangen, mich intensiv mit der Chemie zu beschäftigen. Ich las viele Bücher über Chemie, Physik und Biologie. In der fünften Klasse begann ich, mir zu Hause ein Labor aufzubauen; dabei war das Buch „Organische Chemie im Probierglas“ von Römpp und Raff ein hervorragender Leitfaden.

Alumni News: Sie haben an der Universität Tübingen und der Stanford University in Kalifornien studiert. Wenn Sie Ihre Erfahrungen hier und dort vergleichen: Worin unterscheiden sich die Hochschulsysteme?

Trapp: An der Eberhard-Karls-Universität habe ich eine sehr breite und solide Ausbildung erhalten. Eine Spezialisierung auf ein bestimmtes Gebiet erfolgte erst im Zuge der Diplom- und Doktorarbeit. Rückblickend war das sehr gut, da ich so gelernt habe, Zusammenhänge zu verstehen. Und in vielen Fällen hatte ich zumindest schon einmal gehört, dass es Arbeiten zu dem einen oder anderen Thema gibt.

Diese Interdisziplinarität wurde auch in dem DFG-Graduiertenkolleg „Chemie in Interphasen“ gefördert, an dem ich während meiner Doktorarbeit teilgenommen habe. Dort hat es mir außerordentlich gefallen, dass Chemiker der unterschiedlichen Disziplinen an einem Tisch saßen und gemeinsam nach Lösungen suchten.

Bei der Arbeit an meiner Dissertation hat mir dann mein Doktorvater, Professor Schurig, die größtmögliche Freiheit gelassen und zudem immer für ein intellektuell stimulierendes Umfeld gesorgt. Ich habe damals viele neue Ideen entwickelt und viele Projekte realisiert – immer mit dem Fokus auf die reine Grundlagenforschung.

Die Postdoc-Zeit in Stanford war dagegen völlig anders. Dort habe ich ein hochinteressantes und inspirierendes Forschungsumfeld vorgefunden. Neue Technologien wurden in Kalifornien umgehend aufgegriffen. Es war Usus, Kooperationen einzugehen und vor allem in der Industrie nach geeigneten Partnern zu suchen. Die Forschung war hier vor allem durch anwendungsorientierte Problemstellungen geprägt, was wiederum zur Lösung grundlegender Fragestellungen führte. Eine Zusammenarbeit mit Unternehmen oder sogar die Gründung von Spin-off-Firmen waren eine Selbstverständlichkeit. Die Zeitspanne von der Idee zum Produkt war minimal und potentielle Investoren konnten schnell überzeugt werden, wenn etwas absolut innovativ war.

Die von mir betreuten Studenten waren im Übrigen wesentlich stärker auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert, was natürlich den Vorteil hatte, dass man ein Projekt zielorientiert und ohne eine längere Einarbeitungsphase angehen konnte.
Beide Hochschulsysteme haben ihre Reize. Auf alle Fälle möchte ich diese Erfahrungen in Stanford nicht missen. Ich versuche, die positiven Aspekte aus Tübingen und Stanford zu verbinden und sie in meinem aktuellen Job umzusetzen. Ich hoffe, dass meine Doktoranden davon profitieren.

Alumni News: Würden Sie sagen, dass eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere heute nur noch realisierbar ist, wenn Studierende für eine Zeit ins Ausland gehen?

Trapp: Ich denke, dass es nicht unbedingt notwendig ist, ins Ausland zu gehen, um eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere zu realisieren, da es auch in Deutschland hervorragende Forschungseinrichtungen gibt. Allerdings ist es wichtig, dass man versucht, den eigenen Horizont für komplett neue Ansätze und Ideen zu erweitern. Hier ist ein Ortswechsel von großem Vorteil. In den USA kommt hinzu, dass man zumeist in internationalen Forschungsteams arbeitet. Dabei kann man sehr gut lernen, dass je nach Herkunft eine wissenschaftliche Fragestellung sehr unterschiedlich bearbeitet wird. Wichtig ist, als Postdoc zu zeigen, dass man sich durch ein Forschungsproblem durchbeißen und dieses so erfolgreich lösen kann. Aus diesem Grunde kann ich ein Postdoc-Studium an einer renommierten Einrichtung im Ausland nur empfehlen.

Alumni News: Wie ist es Ihnen nach der Rückkehr aus Kalifornien ergangen? Welche Rahmenbedingungen haben Sie hier vorgefunden?

Trapp: Bei einem Stipendiatentreffen deutscher Postdoktoranden in Palo Alto gab mir die Generalsekretärin der Max-Planck-Gesellschaft, Frau Dr. Bludau, den Tipp, ich sollte doch Kontakt zum Max-Planck-Institut für Kohlenforschung aufnehmen, um dort vielleicht eine Nachwuchsgruppe aufzubauen. Nach der Vorstellung meiner Arbeiten und der geplanten Forschungsprojekte erhielt ich umgehend eine Zusage. Als der zweieinhalbjährige Postdoc-Aufenthalt in den USA beendet war, habe ich dann 2004 in Mülheim mit meiner Forschungsarbeit begonnen. Es gibt hier ein hervorragendes und insbesondere kreatives Forschungsumfeld. Hervorheben möchte ich dabei die optimale und immer ermunternde Unterstützung der Institutsdirektoren. Durch das Emmy Noether-Programm der DFG war es mir möglich, meine Nachwuchsgruppe aufzubauen und eigene Großgeräte anzuschaffen. So kann ich meine Forschungsarbeit mit großer Unabhängigkeit voranzutreiben. Insgesamt muss ich feststellen, dass die Bedingungen am Max-Planck-Institut im Vergleich zu Stanford noch besser sind – nur ab und zu fehlt die kalifornische Sonne.

Alumni News: Was wünschen Sie sich für Ihre berufliche Zukunft? Welche Ziele haben Sie noch?
 
Trapp: Ich möchte meine bisherige Forschungsarbeit weiter ausbauen. Wir stehen erst ganz am Anfang und müssen das Potenzial der von mir entwickelten Techniken erst noch vollständig ergründen. Ich will mich in Forschung und Lehre engagieren, aber auch den Anwendungsbereich nicht außer Acht lassen. Ziele gibt es hier noch viele, und gerade so eine Auszeichnung wie der Heinz Maier-Leibnitz-Preis ermuntert zum stetigen Weiterforschen; zumal in den kommenden Jahrzehnten enorme Herausforderungen auf die Gesellschaft zukommen, die nur durch Forschung gelöst werden können. Aus diesem Grunde lohnt es, sich gerade über die Wissenschaftsthemen der Zukunft Gedanken zu machen.

Alumni News: Auch Sie können vermutlich nicht rund um die Uhr forschen. Was macht ein herausragender Wissenschaftler wie Sie, um zu entspannen und neue Energien zu tanken?

Trapp: Am besten entspanne ich mich durch Ausflüge in die Natur mit meiner Frau, die auch Chemikerin ist, meinem Sohn und meiner Tochter. Außerdem fotografiere ich gerne, lese Bücher und befasse mich mit der Astronomie.


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